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Dieses Thema hat 60 Antworten
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 Feder & Papier
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mr_self_destruct Offline

Whistleblower


Beiträge: 63
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25.04.2009 12:57
Lyrik Antworten

Hallöle...

Mich würde sehr interessieren, ob jemand von euch Lyrik verfasst, entweder in Form von Prosa oder Gedichten. Ich habe mich jetzt in der letzten Zeit intensiv mit Verslehre, Metrik etc. befasst, und kann daher behaupten, dass ich ein gewisses Grundwissen im Bezug auf diese Thema habe.

Falls ihr jemals Gedichte verfasst habt (Was meiner Meinung nach ein sehr edles Hbby ist!); stellt sie hier hinein! In diesem Thread verplichte ich mich, alles in Form von Lyrik metrisch zu analysieren und zu interpretieren.

Ich freu mich schon und hoffe, ein paar Hobbydichter unter euch zu finden.

Um den Vorgang ins Laufen zu bringen, fang ich mal mit zwei Gedichte von mir an. Natürlich würde ich mich auch über Feedbacks freuen...

Lg

mr_self_destruct Offline

Whistleblower


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25.04.2009 12:58
#2 RE: Lyrik Antworten

Hier einmal ein klassisches Sonett von mir:


In klaren Vollmondnächten schweben Wolken
Im Licht des Mondes, zart wie Segelschiffe,
Die ohne Anker treiben, und im Winde
Sich langsam meinem müdem Blick entziehen.

Wie traurig ist’s, wenn diese zarten Wolken
Am Horizont verschwinden, doch welch Freude
Wenn vom Gebirge her, im kaltem Winde
Erneut im Licht des Mondes Wolken segeln.

Ein Windeshauch jedoch lässt mich erschrecken
Und meine Blicke weg vom Himmel richten,
Im Winde schaukeln sanft die dunklen Hecken.

Werd ich mir jene Wolken nur erdichten,
Die mir die Nacht mit ihrem Licht bedecken,
Und trotz des Windes Toben sich verdichten?

mr_self_destruct Offline

Whistleblower


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25.04.2009 13:00
#3 RE: Lyrik Antworten
Und noch ein eher längeres:


Bekenntnis einer Närrin:

Als ich neulich ging, entlang den grauen Weiher,
Durch ein Land, gehüllt in nebeligen Schleier,
Sah am Waldesrande ich ein Mädchen stehn.
Rot ihr enges Kleid und ihre schönen Wangen,
Blond ihr Haar, und ihre Blicke, voll Verlangen,
Ließen mich nach kurzem Zögern zu ihr gehn.

“Suchst auch du nach wahrer Liebe”, fragte töricht
Mich das Mädchen durch das nebelige Zwielicht,
Als ihr eine Träne aus dem Auge drang.
Ihre Stimme, ach welch’ Symphonie der Trauer,
Deren Worte, eine Elegie der Kummer,
Sie seit fernen Kindheitstagen leidvoll sang.

“Ach die Liebe”, sagte ich und wischte zärtlich
Ihr die Träne aus dem Auge, bis ich schließlich
Ihre jungen Hände in die meinen nahm.
“Ach die Liebe ist doch nur das Spiel der Narren,
Die ein heißer Blick der Mädchen ließ erstarren,
Als der Liebe Schleier sie einst überkam”.

“Folge mir, mein Kind, denn nur in meiner Obhut
Wirst du finden deiner Liebe wahre Anmut”,
Flüsterte ich ihr mit tiefer Stimme ein.
Doch sie riss sich jäh von meinen starken Händen,
Sagte: “Nicht als Narr, als Närrin werd ich enden”,
Und lief weg von mir in Richtung Sonnenschein.
stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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25.04.2009 13:01
#4 RE: Lyrik Antworten

In Antwort auf:
Mich würde sehr interessieren, ob jemand von euch Lyrik verfasst, entweder in Form von Prosa oder Gedichten.


??? Ich glaub, du würfelst da ein wenig was durcheinander, Zitat Wikipedia -> Prosa:
In Antwort auf:
Teilweise wird der Begriff auch gattungstheoretisch verwendet. Dann bezeichnet Prosa jene unterschiedlichen Gattungs-Elemente der Literatur, die Beobachtetes, Empfundenes, Erdachtes und Gedachtes mitteilen und mehr oder weniger interpretieren: in einen ausgesprochenen oder unausgesprochenen Sinn-Zusammenhang stellen, erklären, kommentieren, analysieren oder bewerten und die (im Unterschied zu Versepos und Lyrik) in ihrer Darstellungsform nicht versförmig sind bzw. keine mehrzeiligen Textgebilde darstellen.


Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
Makes perfect sense.

stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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25.04.2009 13:11
#5 RE: Lyrik Antworten

Abgesehen davon muss ich sagen: wow, beeindruckend!
Ist jetzt schwierig zu sagen, welches mir besser gefällt... rein vom sprachlichen Aspekt, den Inhalt außer Acht lassend und sich nur auf den Rhythmus und die sprachliche Schönheit konzentrierend, eindeutig das Erste, während mir das Zweite vom Inhalt her mehr zusagt...
Es gibt nur eine Kleinigkeit, von der ich behaupten könnte, dass sie mich ein bisschen stört, nichts arges, aber statt

In Antwort auf:
Im Licht des Mondes, zart wie Segelschiffe,
würde glaube ich "Im Licht des Mondes, zart wie Schiffe,..." besser passen; es geht zwar ein bisschen was an Information verloren, aber es fügt sich, meiner Meinung nach, etwas besser in das rhythmische Muster ein.
Warst du beim Ersten irgendwie in einer leicht melancholischen Stimmung? Transportiert das sehr gut.
Hast du mehr davon?


Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
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stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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25.04.2009 13:19
#6 RE: Lyrik Antworten

Folgendes Gedicht hab ich zwar nicht selbst verfasst, aber ich finde es sehr schön, auch wenn man sich eine Weile damit beschäftigen muss, um es zu verstehen; es ist von Edgar Allan Poe

To Helen

Helen, thy beauty is to me
Like those Nicean barks of yore
That gently, o'er a perfumed sea,
The weary, way-worn wanderer bore
To his own native shore.

On desperate seas long wont to roam,
Thy hyacinth hair, thy classic face,
Thy Naiad airs have brought me home
To the glory that was Greece,
And the grandeur that was Rome.

Lo, in yon brilliant window-niche
How statue-like I see thee stand,
The agate lamp within thy hand,
Ah! Psyche, from the regions which
Are Holy Land!


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mr_self_destruct Offline

Whistleblower


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26.04.2009 10:08
#7 RE: Lyrik Antworten

Hallo Stahlwollvieh:

Erstens mal: Warum Stahlwollvieh? Ein sehr witziger Name...

Wegen dem Einwand bezüglich Lyrik und Prosa: Für mich persönlich korrelieren diese beiden sehr miteinander! Überhaupt in der jüngeren Literatur, wo Reimschema, Versfüße, Metrik etc. komplett weggelassen werden. Als Beispiel würde ich von Georg Trakl die Gedichtesammlung "Sebastian im Traum" angeben. Obwohl hier allgemein von Gedichten gesprochen wird, findet man beinahe nur (kurze) Prosatexte! Ein weiteres gutes Beispiel wäre Rimbaud mit seinen Illuminaten. Auch hier wird von Gedichten gesprochen, was auch leicht nachvollziehbar ist, da beim Lesen dieser Texte auch ein Gedichtähnlicher Leserhythmus entsteht.
Ferner könnte man hier auch Walt Whitman mit seinen Grashalmen und auch (kurze) Prosatexte von Kafka aufführen.
Wahrscheinlich ist diese Frage Ansichtssache, aber ja, meine Meinung dazu ist eben, dass die Grenze zwischen Prosa und neumoderner Lyrik schwer zu ziehen ist.

Danke für dein Lob! Hat mich echt sehr gefreut.
Ich gebe dir recht, das erste Gedicht liest sich wirklich um einiges besser. Das lässt sich natürlich auch auf die Form des Sonetts schließen, bei der, wenn man die sehr strikte Form einhält, man rhythmisch beinahe keinen Fehler als Autor machen kann.

In Antwort auf:
Es gibt nur eine Kleinigkeit, von der ich behaupten könnte, dass sie mich ein bisschen stört, nichts arges, aber statt

In Antwort auf:
--------------------------------------------------------------------------------
Im Licht des Mondes, zart wie Segelschiffe,
--------------------------------------------------------------------------------

würde glaube ich "Im Licht des Mondes, zart wie Schiffe,..." besser passen; es geht zwar ein bisschen was an Information verloren, aber es fügt sich, meiner Meinung nach, etwas besser in das rhythmische Muster ein.


Da muss ich dir leider widersprechen! Würde ich Schiffe schreiben, wäre die Isomorphie (D.h. die Silbenanzahl) ungleich, was man vermeiden sollte.
Beim zweiten Gedicht, für das ich einige Zeit investiert habe, gib ich dir recht, dass der Rhythmus ein bissal schwieriger ist, obwohl der Trochäus eigentlich ohne unterbrechung durchläuft.

Ja, beim ersten war ich eigentlich in einer melancholischen Stimmung, was ich jedoch als sehr schön empfinde! Neben Liebe und Glück ist die Melancholie eines der schönsten Gefühle, das ich kenne.

Edgar Allan Poe... Ja, ich mag auch seine Gedichte, obwohl es zweifellos besseres gibt. Ich hab in Englisch auch mein Spezialgebiet über ihn, und hab auch zwei Gedichte analysieren müssen: Den Raven natürlich, und Annabel Lee. Zwei sehr schöne Gedichte.

So, ich hoffe, dass noch Gedichte von anderen Leuten dazukommen!

Lg

Vergeblich - die Winde
Dem Herzen im Hafen

stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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26.04.2009 10:44
#8 RE: Lyrik Antworten
ad "Warum Stahlwollvieh?" Naja, Wollvieh ist ne Wortspielerei mit meinem Namen (Wolfgang->Wolfi->Wollvieh)
"Stahl" kommt indirekt und über 25 Ecken von nem anderen Nick von mir, also hab ich das Wortspiel ein wenig weitergeführt und Stahl mit Woll- kombiniert; jetzt bin ich halt stahlwollvieh. Das edle ist, das man da so viel reininterpretieren kann. Ist das jetzt ein Vieh aus Stahlwolle? Oder sò 'ne Art Schaf, mit einem Fell aus SW? Oder ein Vieh, dass in Stahlwolle lebt (oder als Ersatzlebensraum in Gray's Sackhaaren)?

Ok, ich verstehe auf was du hinauswillst. Du hast recht, so leicht lässt es sich nicht trennen, auch in meinen Texten (zumindest in den ersten zwei geposteten, und vor allem im zweiten) spielt der Leserhythmus eine wichtige Rolle, obwohl ich sie eigentlich als Prosa bezeichnet hätte.

In Antwort auf:
Da muss ich dir leider widersprechen! Würde ich Schiffe schreiben, wäre die Isomorphie (D.h. die Silbenanzahl) ungleich, was man vermeiden sollte.


Du krallst dich jetzt also an der rein "wissenschaftlichen" Lyrik fest. Ich kenne mich in diesem Bereich sicher weniger aus als du, auch wenn ich nicht völlig auf der Nudelsuppe dahergeschwommen bin was das betrifft, aber ich bin der Meinung, dass in solchen Fällen der ästhetische Gesamteindruck über ein solches "Regelwerk" zu stellen ist, wenn sie sich widersprechen. Ich glaube, dass solche "Regeln" zwar sehr nützlich sein können, wenn man das Dichten erlernen will, aber irgendwann sollte man lernen zu erkennen, wo man sie außer Acht lassen sollte.
Ich habe, als ich deine Gedichte gelesen habe, weder die Silben gezählt noch mir Gedanken über das Versmaß gemacht, dass ich schnell herausfinden könnte; jedoch: wozu? Auf was es mir persönlich bei einem Gedicht ankommt ist eben der oben erwähnte ästhetische Gesamteindruck, ich lasse es einfach auf mich wirken ohne es zu zerpflücken, warum sollte ich eine Baustelle aus einer schönen Wiese machen, wo ich den Tag genießen kann?
Melancholie ein schönes Gefühl... ja, irgendwie schon und irgendwie nicht... auf jeden Fall für solche Sachen sehr anregend, insofern finde ich es auch positiv.


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stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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28.04.2009 09:40
#9 RE: Lyrik Antworten
Hab mich gestern mal hingesetzt und selbst ein Sonett fabriziert, állerdings eins von der Sorte wie sie Shakespeare geschrieben hat, weiß grad nicht wie das heißt, mit 3 mal 4 Versen und dann das "rhyming couplet".
Abgesehen davon hab ich auf jegliche Form geschissen und einfach geschrieben wie's grad gepasst hat.
Hab außerdem zwei Versionen, der Unterschied liegt im letzten Quartett und dem rhyming couplet.

Endzeit

Die Bäume im Wind des rasenden Elends zerzaust
Von hohem Gebirg' der glitzernde Bach des Todes braust
Und wenn Medusa befreit ihr lockiges Haar
In Meeren aus Angst versinkt das sterbende Jahr

Und wenn die Sonne den fruchtbaren Boden verbrennt
Die Menschheit die Endzeit schlussendlich erkennt
Und Verzweiflung die Kinder in unruhigen Schlafe wiegt
Die Hoffnung auf Rettung so ferne liegt

Denn wenn ein Regen aus Asche herniedergeht
Das Leben zerstört, die Sonne verdeckt
Ward der Zorn Gottes auf seine Schöpfung erweckt
Der Hauch des Todes die letzten Seelen verweht

Keine Rettung ist an dem Tage in Sicht
An dem der Odem der Endzeit über das Sein hereinbricht


Zweite Version:

Endzeit

Die Bäume im Wind des rasenden Elends zerzaust
Von hohem Gebirg' der glitzernde Bach des Todes braust
Und wenn Medusa befreit ihr lockiges Haar
In Meeren aus Angst versinkt das sterbende Jahr

Und wenn die Sonne den fruchtbaren Boden verbrennt
Die Menschheit die Endzeit schlussendlich erkennt
Und Verzweiflung die Kinder in unruhigen Schlafe wiegt
Die Hoffnung auf Rettung so ferne liegt

Doch wenn ein Regen aus Asche herniedergeht
Und des Todes Hauch verlor'ne Seelen verweht
Ein einsamer Schädel die Zähne bleckt
Aus dem ewigen Schlafe wird niemand erweckt

Keine Erlösung ist an dem Tage in Sicht
An dem der Odem der Endzeit das Leben zerbricht


Also, mr. self destruct, viehl Spaß beim interpretieren!
edit: Mir persönlich gefällt die zweite Version um einiges besser. V.a. weil in ihr nichts von Gott oder Schöpfung oder irgendsowas vorkommt, aber auch wegen der Form an sich.


Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
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Gray Offline

Theophor


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28.04.2009 23:19
#10 RE: Lyrik Antworten

Find ich geil.

Vor allem das Wort "Endzeit" - es ist simpel, aussagekräftig, interpretierbar, hat einen guten Klang und eine ehrfurchtgebietende Drohung.


Woran du noch arbeiten musst: Versmaß.
Man erkennt die Feders des "Hobbydichters" daran, dass zwei Reimende Zeilen nicht die gleiche Anzahl an Silben haben. Man nimmt das eher so nebenbei wahr und das Gedicht verliert an Schwung, "Flow" und kommt einem automatisch "schlechter" vor. An deiner Stelle würd ich mich nochmal dahintersetzen und die Verse, wo dies der Fall ist überarbeiten, denn die Thematik ist gut und die Metaphern hast du fein gemacht, tatsächlich hat das Gedicht ein gewisses Bild in mir heraufbeschwört.

Kewl.



You're not the contents of ... hey, where's my wallet?!

stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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29.04.2009 08:39
#11 RE: Lyrik Antworten
Gut, werd mich bei Gelegenheit mal hinter den Schreibtisch knallen und sehen, was ich tun kann... vll sogar schon heute.
edit: Das ist Kritik wie ich sie mag: Nicht einfach nur, dass es schön ist oder sowas, sondern konkrete Aussagen, was gut ist und was verbesserungswürdig. :)


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stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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29.04.2009 18:18
#12 RE: Lyrik Antworten

So, fein, hab das heute im Zug mal überarbeitet.

Endzeit

Die Bäume im Wind des rasenden Elends zerzaust
Von hohem Gebirg' der glitzernde Bach des Todes braust
Und wenn Medusa befreit ihr lockiges Haar
In Meeren aus Angst versinkt das sterbende Jahr

Wenn die Sonne den fruchtbaren Boden verbrennt
Und die Menschheit die Endzeit schlussendlich erkennt
Die Hoffnung auf Rettung in vernichtender Ferne liegt
Und Verzweiflung die Kinder in unruhige Träume wiegt

Doch wenn ein Regen aus Asche herniedergeht
Und des Todes Hauch verlor'ne Seelen verweht
Ein einsamer Schädel die bleichen Zähne bleckt
Aus dem ewigen Schlafe wird niemand erweckt

Keine Erlösung ist an dem Tage in Sicht
An dem der Odem der Endzeit das Leben (zer)bricht

Silbenzahlen der Reimpaare: 13/14, 12/12; 12/12, 14/14; 12/12, 12/12; 12/13(12)
Besser so?
Was meint ihr, soll ich in der letzten Zeile "bricht" oder "zerbricht" schreiben? Letzteres gefällt mir besser, aber von der Silbenzahl ausgehend müsste ich das Erste nehmen.

Lustig ist ja eigentlich die Strategie, wie ich das angegangen bin:
Ne kreative Phase gehabt und irgendwie Bock drauf, mal ein Gedicht zu schreiben, allerdings keine Peilung wie und über was, oder auch nur, welche emotionale ästhetische Wahrnehmung ich transportieren möchte. Dann hab ich mal an diesen thread gedacht und mir gesagt, schreibste ein Sonett, da haste wenigstens mal nen Anhaltspunkt.
Dann einfach mal planlos die erste Zeile geschrieben, was mir halt spontan eingefallen ist und sich vielversprechend anhörte, was mir mal nen groben Kurs gab. Daraufhin den zweiten Vers verfasst, der zum Ersten passte und mir allmählich mal eine Idee vermittelte, über was ich schreiben wollte; am Ende des ersten Quartetts hab ichs dann wirklich gewusstn und den Rest geschrieben. Nett, oder? ^^


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mr_self_destruct Offline

Whistleblower


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18.05.2009 20:51
#13 RE: Lyrik Antworten

Hi Stahlwolvieh:

So, erstmals sorry wegen meiner (sehr) verzögerten Antwort, aber ja, ich hab meine Zeit jetzt für die schriftliche Matura ver(sch)wendet... *gg*
Naja,

So, zu deinem Sonett: Ich werd es zuerst mal durchixen, um mir ein Bild von der Metrik machen zu können:

Endzeit

Die Bäume im Wind des rasenden Elends zerzaust xXxxXxXxxXxxX 13
Von hohem Gebirg' der glitzernde Bach des Todes braust xXxxXxXxxXxXxX 14
Und wenn Medusa befreit ihr lockiges Haar xXxXxxXxXxxX 12
In Meeren aus Angst versinkt das sterbende Jahr xXxxXxXxXxxX 12

Wenn die Sonne den fruchtbaren Boden verbrennt XxXxxXxxXxxX 12
Und die Menschheit die Endzeit schlussendlich erkennt XxXxxXxxXxxX 12
Die Hoffnung auf Rettung in vernichtender Ferne liegt xXxxXxXxXxxXxX 13
Und Verzweiflung die Kinder in unruhige Träume wiegt xxXxxXxxXxxXxX 13

Doch wenn ein Regen aus Asche herniedergeht xXxXxxXxxXxX 12
Und des Todes Hauch verlor'ne Seelen verweht XxXxXxXxXxxX 12
Ein einsamer Schädel die bleichen Zähne bleckt xXxxXxxXxXxX 12
Aus dem ewigen Schlafe wird niemand erweckt XxXxxXxxXxxX 12

Keine Erlösung ist an dem Tage in Sicht XxxXxxXxXxxX 12
An dem der Odem der Endzeit das Leben (zer)bricht xXxXxxXxxXxxX 13

So... Es fällt erstmals auf, dass du meistens den Daktylus verwendest. Generell liest sich dein Gedicht gut, jedoch gibt es hier einige Unstimmigkeiten. Wie man oben erkennen kannst, verwendest du keinen bestimmten Versfuß. Der Daktylus ist zwar sehr häufig, jedoch findet man auch Jamben und Trochäen, was den Leserhythmus doch ziemlich stört.

In Antwort auf:
Die Hoffnung auf Rettung in vernichtender Ferne liegt


Diese Stelle ist zum Beispiel sehr schwer zum lesen, da drei unbetonte silben (Rettung in verrnichtender) hier beieinanderstehen. Die Konsequenz davon ist, dass "in" zwangsbetont werden muss.
Weiters fällt auf, dass weibliche und männliche Silben (unbetonte und betonte) am Satzanfang und am Satzschluss willkürlich platziert wurden. Hier könnte man auch ein bestimmtes Muster erzeugen, das schließlich einen speziellen Leserhythmus bildet.
Die Silbenanzahl lässt auch kein Muster erkennen, was sehr wichtig wäre.

In Antwort auf:
Wenn die Sonne den fruchtbaren Boden verbrennt XxXxxXxxXxxX 12
Und die Menschheit die Endzeit schlussendlich erkennt XxXxxXxxXxxX 12


Ein Kompliment für diese Stelle! Sie ist homogen und liest sich wirklich sehr gut. Versuch, eine dem entspechende Gleichmäsigkeit in deinem ganzen Gedicht zu erzeugen, dann kann der Leserhythmus quasi nicht mehr stocken.

Ich habe meine ersten Gedichte wie du auch im "Vers Libré" geschrieben. Ja, es ist Ansichtssache, aber meiner Meinung nach kann (mich) dieser Stil nicht überzeugen.
Versuch, das nächste Gedicht, dass du schreibst, nach strengeren Regeln zu schreiben. Obwohl es sehr viel zeitaufwendiger ist (Man braucht sicher 5 bis 10 mal so lange), lohnt es sich letztendlich.

Vom Inhalt find ich dein Gedicht wirklich toll, ich kann mich dem Gray nur anschließen!
Im letzten Satzt würde ich "zerbricht" schreiben, ist einfach ein viel mehr ästhetischesWort wie einfach "bricht".

So, whateverr...

Lg

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Flex Offline

Rektalbolschewist

Beiträge: 25
Punkte: 25

19.05.2009 16:44
#14 RE: Lyrik Antworten

So, hab mir den Threat jetzt mal mit begeisterung durchgelesen

jedoch ist mir aufgefallen, dass nur die Lyrik in Form von Gedichten angesprochen wurde und wollte dich (mr_self_destruct) fragen, ob du dich auch mit den Lyrics von Liedern befasst???

Hab nämlich schon selbst ein paar mal versucht einen Songtext zu verfassen, ich such zwar noch immer die Form wie ich sie schreiben soll (ob Dialekt oder nicht, englisch oder deutsch), aber es macht eigendlich sehr viel Spaß....mein größtes Problem glaube ich liegt darin, dass ich zwar schon was von Metrik und Verslehre gehört, aber ich kenn mich nicht wirklich damit aus und wollte fragen, ob du nicht vl einen Link hättest wo dies gut und einfach erklärt wird

ich wollte eigendlich auch gerade ein Gedicht/Song posten um etwas Kritik zu bekommen um mich zu verbessern...weiß aber leider gerade nicht wo ich die Lyriks habe :( ....verdammtes Chaos^^

Wen Krieg die Antwor ist, stellen wir die Falschen Fragen

stahlwollvieh Offline

Emofaggot


Beiträge: 2.155
Punkte: 2.203

21.05.2009 09:47
#15 RE: Lyrik Antworten

Endlich... das find ich grad motivierend!
Aber kein Problem, ich hab ja auch grad Matura und weiß also ganz gut, was du meinst! ^^
Das durchixen find ich lustig... aber hast du da nicht einen Fehler gemacht? "Wenn" in der fünften Zeile und "Und" in der sechsten hätt ich als unbetont eingestuft...
Also das mit'm Daktylus wär mir nicht aufgefallen... auf das hab ich aber auch nicht geschaut ;)

In Antwort auf:
Diese Stelle ist zum Beispiel sehr schwer zum lesen, da drei unbetonte silben (Rettung in verrnichtender) hier beieinanderstehen.

Da hast du Recht... mal schaun, vll find ich ja noch einen akzeptablen Ersatz dafür...
In Antwort auf:
Weiters fällt auf, dass weibliche und männliche Silben (unbetonte und betonte) am Satzanfang und am Satzschluss willkürlich platziert wurden. Hier könnte man auch ein bestimmtes Muster erzeugen, das schließlich einen speziellen Leserhythmus bildet.

WTF??? Whoa, das ist schon ein wenig kompliziert dann... Was stellst du dir unter "Muster" vor? Wenn einfach alle gleich sind? Oder noch umständlicher?
In Antwort auf:
Im letzten Satzt würde ich "zerbricht" schreiben

Freut mich zu lesen! Ist auch meine Meinung, auch wenn's dann glaub ich mit der Silbenzahl nicht ganz hinhaut, aber was solls...
Auf jeden Fall herzlichen Dank für die guten Tipps! Schade dass ich grad so wenig Zeit hab, sonst würd ich mich vll gleich wieder hinsetzen um noch eins zu schreiben... ^^
Ich hoffe, ich darf mich auch in Zukunft darauf verlassen, dass mir deine Kritik erhalten bleibt! ;)


Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
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