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Dieses Thema hat 50 Antworten
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 Philosophie
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stahlwollvieh Offline

Emofaggot


Beiträge: 2.155
Punkte: 2.203

29.11.2009 12:53
#46 RE: Suizid Antworten

Ist es nicht ein wunderschönes Gefühl, ein Rehkitz mit Benzin zu übergießen und anzuzünden und einer alten Frau die Knochen zu brechen...?^^
http://www.youtube.com/watch?v=c1HdBQtOl_Y


Sic vis pacem: Parabellum!

Hitti Offline

Theophor


Beiträge: 1.042
Punkte: 1.130

04.05.2010 18:24
#47 RE: Suizid Antworten

Ich möchte hier, um dieses Thema vielleicht wieder mal ein bisschen anzuheizen, einen wirklich extrem (!) interessanten Auszug aus dem Steppenwolf zitieren. Lest ihn, auch, wenns nach "tldr" aussieht. Ich hab die interessantesten Sätze markiert.

Zitat
Dies war eins der wichtigsten Kennzeichen seines Lebens. Ein anderes war, daß er zu den Selbstmördern gehörte. Hier muß gesagt werden, daß es falsch ist, wenn man nur jene Menschen Selbstmörder nennt, welche sich wirklich umbringen. Unter diesen sind sogar viele, die nur gewissermaßen aus Zufall Selbstmörder werden, zu deren Wesen das Selbstmördertum nicht notwendig gehört. Unter den Menschen ohne Persönlichkeit, ohne starke Prägung, ohne starkes Schicksal, unter den Dutzend - und Herdenmenschen sind manche, die durch Selbstmord umkommen, ohne darum in ihrer ganzen Signatur und Prägung dem Typus der Selbstmörder anzugehören, während wiederum von jenen, welche dem Wesen nach zu den Selbstmördern zählen, sehr viele, vielleicht die meisten, niemals tatsächlich Hand an sich legen.

Der " Selbstmörder" - und Harry war einer - braucht nicht notwendig in einem besonders starken Verhältnis zum Tode zu leben - dies kann man tun, auch ohne Selbstmörder zu sein. Aber dem Selbstmörder ist es eigentümlich, daß er sein Ich, einerlei, ob mit Recht oder Unrecht, als einen besonders gefährlichen, zweifelhaften und gefährdeten Keim der Natur empfindet, daß er sich stets außerordentlich exponiert und gefährdet vorkommt, so, als stünde er auf allerschmalster Felsenspitze, wo ein kleiner Stoß von außen oder eine winzige Schwäche von innen genügt, um ihn ins Leere fallen zu lassen. Diese Art von Menschen ist in ihrer Schicksalslinie dadurch gekennzeichnet, daß der Selbstmord für sie die wahrscheinlichste Todesart ist, wenigstens in ihrer eigenen Vorstellung.

Voraussetzung dieser Stimmung, welche fast immer schon in früher Jugend sichtbar wird und diese Menschen ihr Leben lang begleitet, ist nicht etwa eine besonders schwache Lebenskraft, man findet im Gegenteil unter den "Selbstmördern" außerordentlich zähe, begehrliche und auch kühne Naturen. Aber so wie es Naturen gibt, die bei der kleinsten Erkrankung zu Fieber neigen, so neigen diese Naturen, die wir "Selbstmörder" heißen und die stets sehr empfindlich und sensibel sind, bei der kleinsten Erschütterung dazu, sich intensiv der Vorstellung des Selbstmordes hinzugeben.

Hätten wir eine Wissenschaft, die den Mut und die Verantwortungskraft besäße, sich mit den Menschen zu beschäftigen, statt bloß mit den Mechanismen der Lebenserscheinungen, hätten wir etwas wie eine Anthropologie, etwas wie eine Psychologie, so wären diese Tatsachen jedem bekannt. Was wir hier über die Selbstmörder sagten, bezieht sich alles selbstverständlich nur auf die Oberfläche, es ist Psychologie, also ein Stück Physik. Metaphysisch betrachtet sieht die Sache anders und viel klarer aus, denn bei solcher Betrachtung stellen die "Selbstmörder" sich uns dar als die vom Schuldgefühl der Individuation Betroffenen, als jene Seelen, welchen nicht mehr die Vollendung und Ausgestaltung ihrer selbst als Lebensziel erscheint, sondern ihre Auflösung, zurück zur Mutter, zurück zu Gott, zurück ins All. Von diesen Naturen sind sehr viele vollkommen unfähig, jemals den realen Selbstmord zu begehen, weil sie dessen Sünde tief erkannt haben. Für uns sind sie dennoch Selbstmörder, denn sie sehen im Tod, nicht im Leben den Erlöser, sie sind bereit, sich wegzuwerfen und hinzugeben, auszulöschen und zum Anfang zurückzukehren.
Wie jede Kraft auch zu einer Schwäche werden kann (ja unter Umständen werden muß), so kann umgekehrt der typische Selbstmörder aus seiner anscheinenden Schwäche oft eine Kraft und eine Stütze machen, ja er tut dies außerordentlich häufig.

Zu diesen Fällen gehört auch der Harrys, des Steppenwolfes. Wie Tausende von seinesgleichen, machte er aus der Vorstellung, daß ihm zu jeder Stunde der Weg in den Tod offenstehe, nicht bloß ein jugendlich-melancholisches Phantasiespiel, sondern baute sich aus ebendiesem Gedanken einen Trost und eine Stütze. Zwar rief in ihm, wie in allen Menschen seiner Art, jede Erschütterung, jeder Schmerz, jede üble Lebenslage sofort den Wunsch wach, sich durch den Tod zu entziehen. Allmählich aber schuf er sich aus dieser Neigung gerade eine dem Leben dienliche Philosophie. Die Vertrautheit mit dem Gedanken, daß jener Notausgang beständig offen stehe, gab ihm Kraft, machte ihn neugierig auf das Auskosten von Schmerzen und üblen Zuständen, und wenn es ihm recht elend ging, konnte er zuweilen mit grimmiger Freude, einer Art Schadenfreude, empfinden: "Ich bin doch neugierig zu sehen, wie viel eigentlich ein Mensch auszuhalten vermag! Ist die Grenze des noch Erträglichen erreicht, dann brauche ich ja bloß die Tür zu öffnen und bin entronnen."

Es gibt sehr viele Selbstmörder, denen aus diesem Gedanken ungewöhnliche Kräfte kommen. Andrerseits ist allen Selbstmördern auch der Kampf gegen die Versuchung zum Selbstmord vertraut. Jeder weiß, in irgendeinem Winkel seiner Seele, recht wohl, daß Selbstmord zwar ein Ausweg, aber doch nur ein etwas schäbiger und illegitimer Notausgang ist, daß es im Grunde edler und schöner ist, sich vom Leben selbst besiegen und hinstrecken zu lassen als von der eigenen Hand. Dies Wissen, dies schlechte Gewissen, dessen Quelle dieselbe ist wie etwa für das böse Gewissen der sogenannten Selbstbefriediger, veranlaßt die meisten "Selbstmörder" zu einem dauernden Kampf gegen ihre Versuchung. Sie kämpfen, wie der Kleptomane gegen sein Laster kämpft.

Auch dem Steppenwolf war dieser Kampf wohl bekannt, mit vielerlei wechselnden Waffen hatte er ihn gestritten. Schließlich kam er, im Alter von etwa siebenundvierzig Jahren, auf einen glücklichen und nicht humorlosen Einfall, der ihm oft Freude machte. Er setzte seinen fünfzigsten Geburtstag als den Tag fest, an welchem er sich den Selbstmord erlauben wolle. An diesem Tag, so vereinbarte er mit sich selber, sollte es ihm freistehen, den Notausgang zu benützen oder nicht, je nach der Laune des Tages. Mochte ihm da nun geschehen was da wollte, mochte er krank werden, verarmen, Leid und Bitternis erfahren - alles war befristet, alles konnte allerhöchstens nur diese wenigen Jahre, Monate, Tage andauern, deren Zahl täglich kleiner wurde! Und in der Tat ertrug er manches Ungemach jetzt viel leichter, das ihn früher tiefer und länger gequält, ja vielleicht bis zur Wurzel erschüttert hätte. Wenn es ihm aus irgendwelchem Grunde besonders schlecht ging, wenn zur Verödung, Vereinsamung und Verwilderung seines Lebens noch besondere Schmerzen oder Verluste hinzukamen, dann konnte er zu den Schmerzen sagen: "Wartet nur, noch zwei Jahre, dann bin ich euer Herr!" Und dann vertiefte er sich mit Liebe in die Vorstellung, wie an seinem fünfzigsten Geburtstag morgens die Briefe und Gratulationen ankommen würden, während er, seines Rasiermessers sicher [Rofl, der erste Emo], Abschied von allen Schmerzen nahm und die Tür hinter sich zuzog. Dann konnte die Gicht in den Knochen, dann konnten Schwermut, Kopfschmerz und Magenweh sehen, wo sie blieben.


Nicht Sieg sollte der Sinn einer Diskussion sein, sondern Gewinn.

Sassa Offline

Theophor


Beiträge: 1.935
Punkte: 1.954

04.05.2010 19:33
#48 RE: Suizid Antworten

Manchmal lese ich etwas und ich kann jeden einzelnen Satz auf mich ummünzen.
Und bei diesem Text macht es mir irgendwie Angst- aber wenn die Angst zu groß wird, hab ich ja immer noch das Messer .. ^^

Das spiegelt in der Tat meine Einstellung zum Leben wider: Wenn es allzu schlimm wird, dann kann ich ja immer noch freiwillig gehen. Aber bis dahin zeige ich allen, wo der Hammer hängt und kämpfe. Erst zwei mal in meinem Leben wars tatsächlich (gedanklich) knapp und ich wollte nur mehr weg. Doch der Punkt, an dem man den anderen durch die eigene Existenz etwas zfleiß tun will, kam ziemlich rasch.

Ich muss dieses Buch haben!


Tränen sind nur Schmerz, der deinen Körper verlässt.

Hitti Offline

Theophor


Beiträge: 1.042
Punkte: 1.130

04.05.2010 19:47
#49 RE: Suizid Antworten

Zitat
Manchmal lese ich etwas und ich kann jeden einzelnen Satz auf mich ummünzen.


So isses bei mir auch. Im Großen und Ganzen denk ich mir, dass der Inhalt des Textes von mir sein könnte. Dass das allerdings bei dir in diesem Fall auch so ist, hätt ich mir nicht gedacht.

Zitat
Erst zwei mal in meinem Leben wars tatsächlich (gedanklich) knapp und ich wollte nur mehr weg.


Das is nicht wirklich abnormal. Ich erinnere mich noch an eine Frage beim Psychotest vom Heer: "Haben sie schonmal an Selbstmord gedacht?"
Mit der Frage hat ich so meine Probleme. Da ich allerdings wusste, wie sie gemeint war, hab ich natürlich eine passende Antwort geben können. Aber:

1. Wer Psychologie studiert hat, sollte wirklich davon absehen, den Begriff "Selbstmord" in einem derartig allgemeinen Kontext zu gebrauchen.
2. Was soll das bedeuten, ich hätte "daran gedacht"? I mean, whatthefuck?
3. Is die Frage irrelevant, da im Grunde jeder Mensch irgendwann in seiner Jugend einmal eine Krise durchmacht, in der er mehr oder weniger darüber nachdenkt, sich selbst zu töten. In den meisten Fällen ist dies allerdings nur ein vorrübergehender, schwacher Gedanke.

Zitat
Ich muss dieses Buch haben!


Ja.


Nicht Sieg sollte der Sinn einer Diskussion sein, sondern Gewinn.

Kirk Offline

Theophor


Beiträge: 1.486
Punkte: 1.502

04.05.2010 20:52
#50 RE: Suizid Antworten

Sehr gute Zeilen, die du da zitierst. Mir fiel beim Lesen auf, dass ich diesen Typ, den "Selbstmörder" wohl gut kenne, aber eigentlich immer wieder bewusst hinter mir ließ, bis er mich wieder einholte. Ich will grundsätzlich nicht diese Art von Mensch sein, und bin immer wieder hoffnungsvoll, dass ich sie auch nicht sein muss. Besonders gut identifizieren kann ich mit mit diesem Abschnitt:

Zitat
Es gibt sehr viele Selbstmörder, denen aus diesem Gedanken ungewöhnliche Kräfte kommen. Andrerseits ist allen Selbstmördern auch der Kampf gegen die Versuchung zum Selbstmord vertraut. Jeder weiß, in irgendeinem Winkel seiner Seele, recht wohl, daß Selbstmord zwar ein Ausweg, aber doch nur ein etwas schäbiger und illegitimer Notausgang ist, daß es im Grunde edler und schöner ist, sich vom Leben selbst besiegen und hinstrecken zu lassen als von der eigenen Hand. Dies Wissen, dies schlechte Gewissen, dessen Quelle dieselbe ist wie etwa für das böse Gewissen der sogenannten Selbstbefriediger, veranlaßt die meisten "Selbstmörder" zu einem dauernden Kampf gegen ihre Versuchung. Sie kämpfen, wie der Kleptomane gegen sein Laster kämpft.


Zitat von Hitti
Das is nicht wirklich abnormal. Ich erinnere mich noch an eine Frage beim Psychotest vom Heer: "Haben sie schonmal an Selbstmord gedacht?"
Mit der Frage hat ich so meine Probleme. Da ich allerdings wusste, wie sie gemeint war, hab ich natürlich eine passende Antwort geben können.

Dieses Problem hatte ich nicht ur beim Heer. Bei allen möglichen Meinungsumfragen, Orientierungstest etc. kommen oft derartige Fragen vor, die ich in der Art und Weise wie sie gestellt werden meist nur widerwillig so beantworten kann, wie es wohl vorgesehen ist.


"Jeden Abend starb ich! Und jeden Abend wurde ich wiedergeboren! Feierte Wiederauferstehung…"

Gray Offline

Theophor


Beiträge: 2.786
Punkte: 2.818

04.05.2010 21:45
#51 RE: Suizid Antworten

Hachgott, ich seh schon, ich muss das Buch wieder mal lesen. Super Zeilen.

Ich will mich kurz einbringen zum Thema Selbstmord:

Zitat
Das spiegelt in der Tat meine Einstellung zum Leben wider: Wenn es allzu schlimm wird, dann kann ich ja immer noch freiwillig gehen. Aber bis dahin zeige ich allen, wo der Hammer hängt und kämpfe.


Interessanter Punkt.

Selbstmord war früher für mich öfters ein Thema, aber abgesehen von 1-2 Momenten, in denen ich, hätte ich die Chance dazu gehabt es wahrscheinlich wirklich getan hätte, war ich meist zu feig oder zu unsicher dazu. Seit etwa 2 Jahren ist es für mich gar kein Thema mehr, nicht im mindesten, im Gegenteil:
Mein Leben kommt mir viel zu kurz vor, um all die Dinge zu erledigen, die ich noch zu erledigen habe. Jede Sekunde davon scheint mir wertvoll blah blah blah.

Der Punkt ist, ich hab in letzter Zeit so ne gewisse Sartre'sche Philosophie angenommen, so auf die Art "I muas goa nix aussa sterm". Und es STIMMT. wenn mir jemand weismachen will "du musst das und das tun" .. nein, muss ich nciht. NIEMAND auf der GANZEN Welt kann mir anschaffen, was ich zu tun habe, außer mir selbst. Das ist ganz einfach ein Fakt. Und wenn es der König von Nord-Süderitrea ist, er kann mir nix anschaffen, es geht nicht.

Selbst, wenn es eine Person ist, die mit geladener Glock vor einem steht und einem die Mündung an die Schneidezähne drückt - er kann mir nichts anschaffen, weil wenn man die Integrität hat, für seine Überzeugungen zu sterben, ist selbst der Tod nciht grund dafür, sich dem Willen anderer zu beugen.


You're not the contents of ... hey, where's my wallet?!

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