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Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 504 mal aufgerufen
 Philosophie
Gray Offline

Theophor


Beiträge: 2.786
Punkte: 2.818

26.04.2010 18:20
Leitmotiv Antworten

Mir ist gerade beim Lesen des höchsten-Wert Threads was ungemein interessantes aufgefallen: Und zwar, dass Menschen, die sich mit Philosophie u.Ä. beschäftigen oft ein gewisses Leitmotiv haben, das in vielen Diskussionen immer wieder in verschiedenen Ausführungen zurückkommt.

Beispiel war für mich Hitti: Es ist für jeden augenscheinlich, dass er sich sehr sehr viel mit Glück beschäftigt hat - in seiner Form allerdings mit Leid. Leid ist sein Leitthema, das in jedem zweiten Thread immer mal wieder aufscheint, seine Thematik, und ich gehe davon aus, dass er viel Zeit damit verbringt, sein Leben und das drum rum auf Leid zu untersuchen, die Theorie zu verfeinern, oder?

Ich wollte euch mal fragen - gibts bei euch so ein gewisses Leitthema, etwas, das euch sehr beschäftigt, das ihr als "Grundstein" eurer Philosophie seht, ein Thema, mit dem ihr euch schon so oft auseinandergesetzt habt, dass ihr, wenn jemand mit euch ein Gespräch zum Thema anfangen will gar nicht wisst, wo ihr anfangen sollt?

Also ihr wisst ja, dass das bei mir im allerersten Moment "Ästhetik" wäre. Damit erkläre ich momentan einfach alles in meinem Leben, und es funktioniert formidable. Allerdings ist Ästhetik nicht mein Leitmotiv, meine Ästhetiktheorie ist aus einer anderen entstanden, die ich schon sehr sehr lange hege und pflege: Es geht dabei um Recht und Wertigkeit, kurzum: Gut und Böse.

Die Antworten, die ich auf Fragen wie "Was ist gut?" "Was ist böse?", "Was ist gerecht?", "Gibt es schlechte Menschen?" gefunden habe, das ist schon seit geraumer Zeit eine der aller aller aller aller grundlegendsten Prämissen meines Denkens. Ein Träger meiner eigenen Philosophie.

Wie sieht das bei euch aus, gibts da auch so einen Träger, mit dem ihr euch schon ewig beschäftigt, und der euch bei so ziemlich jeder Theorie, die ihr aufstellt, als vorgegebener Basisstein dient?


You're not the contents of ... hey, where's my wallet?!

Hitti Offline

Theophor


Beiträge: 1.042
Punkte: 1.130

26.04.2010 18:56
#2 RE: Leitmotiv Antworten

Zitat
Es ist für jeden augenscheinlich, dass er sich sehr sehr viel mit Glück beschäftigt hat - in seiner Form allerdings mit Leid. Leid ist sein Leitthema, das in jedem zweiten Thread immer mal wieder aufscheint, seine Thematik, und ich gehe davon aus, dass er viel Zeit damit verbringt, sein Leben und das drum rum auf Leid zu untersuchen, die Theorie zu verfeinern, oder?


Ja, das mag wohl richtig sein. Da wir bereits festgestellt haben, dass Glück und Leid jene beiden Dinge sind, die das Leben eines Menschen zu großen Teilen bestimmen, habe ich mich natürlich damit sehr intensiv auseinandergesetzt.
Der Grundstein meiner Philosophie ist allerdings ein anderer. Die Glück-Leid-Problematik stellt eher einen Themenbereich dar, der mich in letzter Zeit aufgrund persönlicher Umstände sehr beschäftigt hat.

Zitat
Die Antworten, die ich auf Fragen wie "Was ist gut?" "Was ist böse?", "Was ist gerecht?", "Gibt es schlechte Menschen?" gefunden habe, das ist schon seit geraumer Zeit eine der aller aller aller aller grundlegendsten Prämissen meines Denkens.


Ja, das ist auch ein äußerst interessanter Bereich; der Mensch als moralisches, wertendes Wesen.

Zitat
Wie sieht das bei euch aus, gibts da auch so einen Träger, mit dem ihr euch schon ewig beschäftigt, und der euch bei so ziemlich jeder Theorie, die ihr aufstellt, als vorgegebener Basisstein dient?


Nun gut. Dieser Grundstein ist für mich ganz klar der materialistische Monismus. Beinahe jede meiner Theorien ist mit ihm auf irgendeine Weise verstrickt. Das ist so zu verstehen, dass meine Lösungsansätze oftmals ihren Anfang in der hypothetischen Prämisse nehmen, dass unsere Welt nur aus Materie besteht.
Als Beispiel: Wenn ich mich bei meinen Überlegungen zur Glück-Leid-Problematik fragte: "Wieso gibt es Leid in unserer Welt?", dann habe ich mir vor Augen gehalten, dass dieses Leid eine Funktion zu erfüllen hat. Wer beispielsweise körperlichen Schmerz empfindet, tut dies, um im Rahmen eines selbstschützenden Prozesses auf eine Verletzung oder Krankheit aufmerksam gemacht zu werden, die er sich zugezogen hat. Das schlussendliche "Ziel" des Schmerzes ist daher eine positive und heilende Reaktion. Der Schmerz als Form des Leides ist daher äußerst funktional.


Nicht Sieg sollte der Sinn einer Diskussion sein, sondern Gewinn.

Kirk Offline

Theophor


Beiträge: 1.486
Punkte: 1.502

26.04.2010 19:00
#3 RE: Leitmotiv Antworten

Interessanter Thread! Leider weiß ich momentan noch schwer, was ich dazu sagen soll. Ich versuchs trotzdem mal.

Zitat
Wie sieht das bei euch aus, gibts da auch so einen Träger, mit dem ihr euch schon ewig beschäftigt, und der euch bei so ziemlich jeder Theorie, die ihr aufstellt, als vorgegebener Basisstein dient?


Ich denke nicht. Schon aus dem Grund heraus, weil ich eigentlich, zumindest nicht wirklich bewusst, Theorien aufstelle, schon gar keine philosophischen allgemein auf den Menschen bezogenen. Insofern gibt es auch kein Leitmotiv für solche Überlegungen.

Aber jetzt, wo ich so überlege geht es bei den meisten meiner Gedanken, die die Menschen betreffen um den Egoismus und die Gier des Einzelnen, darum, dass die einen verrecken, während die anderen alles haben, ein Umstand, der zwar ständig bejammert wird, aber niemals geändert. Ich habe oft überlegt mein Leben dem Kampf gegen dieses, in meinen Augen, schändliche Unrecht zu widmen und ich werde wohl auch in Zukunft mit mir hadern müssen, weil es mir, wie ich glaube, weit überdurchschnittlich schwer fällt, diese Ungerechtigkeit zu übersehen und womöglich auch noch zu unterstützen, was ja ständig passiert, z.B. durch achtloses Konsumverhalten.
Ich war meiner bisherigen Jugend, die paar letzen Jahre halt, einem stetigen Wandel unterworfen, wie das halt so ist. Dabei habe ich schon verschiedenste, oft sehr extreme, Positionen vertreten, meist nur kurz, aber dennoch. Darunter waren Marxismus und Kommunismus, natürlich tiefer Abscheu gegenüber den USA, teilweise auch gegen die Insdurtriestaaten allgemein, gegen Kapitalismus, Imperialismus und Kolonialismus (auch in moderern Form), dann natürlich eine starke Sympathie für den Islam, die nicht immer so persönlich war, wie heute. Angefangen hat das aus poltischer Sicht und war wohl eher mit Islamismus zu vergleichen als dem Islam als Religion (ich sympathisierte vor allem stark mit der Hamas). Selbstredend war das wiederum verbunden mit intensiver Anblehnung des Staates Israel, dem ich eine Zeit lang sogar das Existenzrecht abgesprochen habe. Sogar gegen die Demokratie war ich eine ganze Weile, ebenso wie die UNO.

Ich habe viel gelernt und verstanden und natürlich bin ich nicht auf diesen Standpunkten sitzen geblieben. Heute habe ich ein viel differenzierteres Bild von der Welt und bin viel weniger extrem. Dennoch habe ich von all dem auch jeweils einen kleineren oder größeren Teil mitgenommen. Insgesamt vor allem den Teil, wo es darum geht sich nicht mir Ausbeutung und unmenschlicher Behandlung abzufinden. Das schwingt bei mir immer mit.

Wenn jemand zu einem der von mir genannten Punkte sagen, oder fragen will, möge er das ruhig machen, es wäre mir eine Freude wiedermal darüber zu schreiben.

/edit:

Zitat
Der Schmerz als Form des Leides ist daher äußerst funktional.


Denkst du das es mit seelischem Schmerz auch so sein kann?


"Jeden Abend starb ich! Und jeden Abend wurde ich wiedergeboren! Feierte Wiederauferstehung…"

Hitti Offline

Theophor


Beiträge: 1.042
Punkte: 1.130

26.04.2010 19:21
#4 RE: Leitmotiv Antworten

Ich habe eigentlich nie wirklich extreme Positionen vertreten. In manchen philosophischen Richtungen würde ich mich höchstens als "radikal" bezeichnen. (Bspw. mein radikaler Atheismus)
In politischer Hinsicht bin ich bis heute sehr unbefangen, selbst die Diktatur lehne ich nicht kategorisch ab.
Im Allgemeinen glaube ich, dass ich meine Ansichten relativ schnell geformt habe und den Großteil von ihnen wohl bis an mein Lebensende behalten werde. Ich überdenke sie täglich, wohlgemerkt. Andererseits fällt es mir trotz meiner grundsätzlichen Aufgeschlossenheit sehr schwer, mir Geschehnisse oder Erkenntnisse zu ersinnen, die sie wirklich völlig erschüttern würden.

Zitat
Denkst du das es mit seelischem Schmerz auch so sein kann?


Natürlich. Seelischer Schmerz macht auf ein Defizit des empfundenen Glücks aufmerksam. Dieses Defizit sollte ausgeglichen oder kompensiert werden.
Wäre emotionales Leid nicht vorhanden, könnte es auch nicht ausgeglichen werden. Das Leben wäre langweilig, apathisch, gefühlslos.

Um auf die Frage nach dem Leitmotiv zurückzukommen:
Ich kann keinen Menschen verstehen, der dieses Leben durchwandert und keinerlei Interesse daran hat, es zu erforschen. Ich beneide sie. Aber ich kann es nicht absolut nicht nachvollziehen.
Diese ganze seltsame, mysteriöse Sache, die uns seit unserer Geburt umgibt, und alles, was damit in Zusammenhang steht: Diese Welt, dieser Planet und das Verhalten seiner Bewohner: Ich will es verstehen. Jeder von euch wird dieses gemütliche Gefühl kennen, in Gedanken ins All hinauszuschießen und sich einfach die Frage zu stellen: "Wieso gibt es das?" Die Wissenschaft kann derartig grundlegende Fragen nicht beantworten. Deshalb muss ich philosophieren, und bin demnach ein "Philosoph wider Willen."


Nicht Sieg sollte der Sinn einer Diskussion sein, sondern Gewinn.

stahlwollvieh Offline

Emofaggot


Beiträge: 2.155
Punkte: 2.203

26.04.2010 21:51
#5 RE: Leitmotiv Antworten

Hmm, ein spezielles Leitmotiv zu benennen würde mir jz schon schwer fallen, allerdings gibt es doch so grundsätzliche Ideen, die immer wieder iwie mitspielen, und da ist der Determinismus eine der wichtigsten und gleichzeitig unangenehmsten.
Mir fällt es immer wieder auf, dass ich mir dieses oder jenes überlege und dann in eine etwas zu kosmische und deterministische Betrachtungsweise abschweife, die mir solche Überlegungen immer wieder zunichte macht, weil es einfach iwie auf Dauer frustrierend ist.
Man überlegt sich, warum dies oder das so ist und nicht anders, oder was einem eigentlich die Berechtigung gibt, xyz zu tun und wie man das auch argumentieren könnte, bzw was auch dagegenspricht, aber man landet immer wieder bei: Wurscht.


"Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen."
-Friedrich Nietzsche

A.m.v.P Offline

Dissident


Beiträge: 112
Punkte: 112

26.04.2010 22:26
#6 RE: Leitmotiv Antworten

Ich glaube am ehesten kann man den Grundstein meines Denkens (ich beschränke das jetzt nicht auf's Philosophieren) auf den Zweifel reduzieren.
Wer mich ein wenig kennt, der weiß, dass bei noch so absolut formulierte Äußerungen stets Zweifel meinerseits vorhanden ist.

Ich bin überhaupt der Überzeugung, dass der Zweifel an sich das beste Fundament ist, von dem ausgehend man dann gewissen Annahmen tätigen kann.

Simples Beispiel:

Man kann praktisch nichts, was existiert zu hundert Prozent beweisen, da alle unsere Erfahrungen ja nunmal auf Sinneswahrnehmungen entstammen. Und, wenn ich mich recht entsinne, hat das Gray schon mal erwähnt, sind unsere Sinne ja täuschbar bzw. nehmen gewisse Reize unserer Umgebung gar nicht wahr.
Daraus muss man folgern, dass wir schlussendlich sowieso nichts beweisen können und daraus resultiert der Zweifel.

Darauf aufbauend kann man nun sagen: Ich weiß zwar, dass meine Sinne keine objektive Darstellung der Wirklichkeit lierfern können, aber ich kann davon ausgehen.
Oder: Ich weiß, dass meine Sinne mich täuschen und vertraue auf meine Vernunft. (Die ja meiner Meinung nach äußerst diskutabel ist)
usw.

Richtig interessant wird es, finde ich, wenn man gewisse Annahmen tätigt, die keinerlei empirischen Beobachtung entspringen, sondern abstrakten Überlegungen.

Ich muss ja zugeben, dass ich in Physik sicher kein besonderes Genie bin - Stahlwollvieh oder andere sollen mich bitte ausbessern, wenn ich jetzt Blödsinn schreibe-, aber ich glaube, dass Einstein mit seinen Überlegungen über den Einfluss von träger und schwerer Masse auf Licht manche Faktoren annimmt, die nicht von vornherein sicher waren.



Billige Menschen brauchen teure Maschinen

Hitti Offline

Theophor


Beiträge: 1.042
Punkte: 1.130

28.04.2010 17:52
#7 RE: Leitmotiv Antworten

Zitat von stahlwollvieh

Zitat
Ich glaube am ehesten kann man den Grundstein meines Denkens (ich beschränke das jetzt nicht auf's Philosophieren) auf den Zweifel reduzieren.


Word, das ließe ich bei mir auch als Leitmotiv gelten, ich zieh genauso jeden Dreck in Zweifel..



Nicht Sieg sollte der Sinn einer Diskussion sein, sondern Gewinn.

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