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Dieses Thema hat 31 Antworten
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 Gesellschaft
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Hitti Offline

Theophor


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01.10.2012 00:01
#16 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Deine Argumentation basiert auf einer falschen Prämisse; nämlich, dass Menschen und Tiere gleich sind.


Du hast Recht, meine Argumentation setzt sie voraus. Uneinig sind wir uns in dem Punkt, dass sie falsch ist. Diese Uneinigkeit ist ja auch keineswegs überraschend. Genau diese Haltung der Speziesisten, die auch für dich wie für den Großteil der Gesellschaft so selbstverständlich zu sein scheint, dass du dich gar nicht in der Bringschuld einer Argumentation zu befinden glaubst, kritisiere ich ja schon seit einigen Beiträgen.

Zitat
Weder rechtlich


Das stimmt allerdings, das Tier gilt rein juristisch ja als Sache.

Zitat
noch biologisch


Stimmt natürlich ebenfalls.

Zitat
noch ethisch


Hier widerspreche ich dir. Ich habe zum ethischen Gleichheitsbegriff vor kurzem eine 15 Seiten lange Arbeit geschrieben. Ich begnüge mich damit, dir ein paar Punkte daraus zu beschreiben.

1) Die Aussage "Alle Menschen sind gleich." ist faktisch falsch. Kein Mensch gleicht dem anderen. Wenn wir sagen, dass alle Menschen gleich sind, meinen wir damit jedoch nicht eine derartig verstandene faktische Gleichheit. Wir meinen damit, dass jedem Menschen die gleiche ethische (oder juristische) Berücksichtigung zuteil werden sollte. Und wenn wir von ethischer Berücksichtigung sprechen, dann meinen wir damit die Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse. Es ist nach einem solchen moralischen Gleichheitsverständnis daher falsch, den Bedürfnissen eines Menschen deshalb weniger Gewicht beizumessen, weil er eine bestimmte Hautfarbe hat, weil er ein bestimmtes Geschlecht hat, weil er eine bestimmte Weltanschauung hat, weil er auf eine bestimmte Weise aussieht, weil man ihn als unfähig oder wertlos, oder eben auch nur für einen gewissen Zweck als wertvoll betrachtet oder weil man ihn nicht mag. Diese Gründe sind moralisch irrelevant.
2) Daraus kann man schließen, dass Bedürfnisse als solche betrachtet und gewichtet werden sollten, also unabhängig davon, von wem sie kommen. Man soll sich freimachen von jedem Vorurteil.
3) Dass Tiere Tiere sind und keine Menschen, ist moralisch irrelevant. Die Bedürfnisse, die Tiere haben, sind ebenso wie die Bedürfnisse der Menschen als solche zu gewichten.
4) Nun stellt sich natürlich die Frage, wie wir Bedürfnisse von Lebewesen (egal welcher Art, egal ob Insekt oder Affe, Mensch oder Alien) angemessen gewichten können. Es stellt sich nun endlich die Frage danach, was denn moralisch relevant ist. Bentham hat dazu etwas Schönes geschrieben:
„Es mag der Tag kommen, an dem man begreift, dass die Anzahl der Beine, die Behaarung der Haut oder das Ende des Kreuzbeins gleichermaßen ungenügende Argumente sind, um ein empfindendes Wesen dem gleichen Schicksal zu überlassen. Warum soll sonst die unüberwindbare Grenze gerade hier liegen? Ist es die Fähigkeit zu denken oder vielleicht die Fähigkeit zu reden? Aber ein ausgewachsenes Pferd oder ein Hund sind unvergleichlich vernünftigere sowie mitteilsamere Tiere als ein einen Tag, eine Woche, oder gar einen Monat alter Säugling. Aber angenommen dies wäre nicht so, was würde das ausmachen? Die Frage ist nicht 'Können sie denken?' oder 'Können sie reden?', sondern ‚Können sie leiden?.“
Die Fähigkeit zum Leiden bestimmt, ob und in welchem Ausmaß ein Lebewesen Bedürfnisse hat. Ein Bedürfnis ist so groß wie das Glück, das mit seiner Befriedigung einhergeht, doch vielmehr und viel wichtiger noch ist es so groß wie das Leid, das mit seiner Nichtbefriedigung einhergeht.
5) Dem bisher Gesagten gemäß sind Tiere also dem Menschen insofern ethisch gleichgestellt, als man ihre Bedürfnisse als solche bewertet und sie nicht deswegen grundlegend geringer einschätzt, weil sie von Tieren kommen.
6) Nach diesem Gleichheitsverständnis ist es moralisch falsch, Tiere für einen einzig dem Genuss dienlichen Fleischverzehr zu töten, da die Bedürfnisse zahlreicher Tiere nach Freiheit von Leid und nach Fortbestand des Lebens überaus mehr Gewicht haben, als das Bedürfnis der Menschen nach gutem Geschmack, nach Gewohnheit und Bequemlichkeit.

Wenn du also der Meinung bist, Tiere wären dem Menschen ethisch nicht gleichgestellt, dann solltest du nun ein ethisch relevantes Merkmal von Tieren nennen, das dir dann die Berechtigung dafür verleiht, die Bedürfnisse von Tieren nur deshalb, weil sie Tiere sind, geringer zu erachten.


"Was ich weiß, kann jeder wissen. Mein Herz hab' ich allein."
-J.W.Goethe

Gray Offline

Theophor


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01.10.2012 10:00
#17 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Genau diese Haltung der Speziesisten, die auch für dich wie für den Großteil der Gesellschaft so selbstverständlich zu sein scheint, dass du dich gar nicht in der Bringschuld einer Argumentation zu befinden glaubst, kritisiere ich ja schon seit einigen Beiträgen.

In der Natur gibt es keine Ethik. Tiere in freier Natur stillen einfach ihre Bedürfnisse - Tiere bringen dazu auch andere Tiere um und das ist nicht unethisch.

Ethik ist geprägt durch unsere Gesellschaft, eine Gesellschaft von Menschen. Diese Gesellschaft hat sich halt durchgesetzt auf den meisten Gebieten der Erde, das heißt aber nicht, dass sie auch für alles und jeden auf der Erde gültig sein muss wie für den Menschen. Nach dieser Argumentation könnte man anfangen, Karnivoren das Essen von Tieren zu verbieten (und sie damit de facto töten) bzw. gewisse Spezien einfach ausrotten, um die "Nettotötungsrate" zu senken.
Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass Tiere nicht ein nach Möglichkeit schönes Leben haben sollen. Sollen sie durchaus. Es bedeutet aber, dass das Argument "ich darf keine Menschen züchten um sie zum Essen zu töten deswegen darf ich keine Tiere züchten um sie zum Essen zu töten, unabhängig davon wie gut ich sie behandle" absurd ist. Ich sperre Menschen ein, wenn sie andere Menschen umbringen, soll ich deswegen Tiere einsperren, wenn sie andere Tiere umbringen (z.B. einen Vogel, der einen Wurm frisst)?

Du hast gerade zitiert, dass man die Wertigkeit eines Lebewesens nicht an einzelnen, spezialisierten Faktoren festmachen soll, außer dem "Leid". Das ist ziemlich bigott. Dabei geht man nämlich nur von dem Leid, das uns Menschen zugänglich ist, aus - anderes ist für uns naturgemäß schwer zugänglich. Das heißt man hat genauso die "Wertigkeit" eines Lebewesens anhand eines äußeren Faktors festgemacht. Wer kann uns z.B. versichern, dass Pflanzen (die Lebewesen sind) nicht leiden können? Die sensorischen Wahrnehmungen, derer Pflanzen mächtig sind, sind für uns noch schwer in Relation zu setzen, weil keiner von uns ein Baum ist. Die Frage "kann es leiden?" geht davon aus, dass Menschen zweifelsfrei bestimmen können, ob etwas leiden kann. Richtiger wäre: "könnte es leiden?", und damit handeln Vegetarier womöglich ebenso unethisch wie Fleischfresser, rationalisieren ihr Verhalten aber durch ihr Unwissen. Und das ist - wie gesagt - bigott. Genauso wie sich manche Leute Vegetarier nennen, die Fische essen.

Abgesehen davon ist auch die Frage "kann es leiden?" fehlgeleitet. Viel eher wäre die richtige Frage: "Leidet es?". Und ein Tier, das unter würdigen Bedingungen aufgewachsen ist, leidet die Jahre bis zu ihrer Schlachtung nicht, es wird durch den Besitzer behütet. An dem Tag der Schlachtung leidet es kurz, dann ist es tot. Wäre das Tier in freier Wildbahn aufgewachsen, wäre sein Leid unfraglich größer gewesen - unbehütet Feinden, Krankheit (ohne Behandlung) und Umgebung ausgesetzt. Damit ist die Frage beantwortet mit: "Es leidet weniger."


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Sassa Offline

Theophor


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01.10.2012 12:27
#18 RE: Vegetarismus Antworten

Wenn ich mich da einklinken darf:

Zitat
In der Natur gibt es keine Ethik. Tiere in freier Natur stillen einfach ihre Bedürfnisse - Tiere bringen dazu auch andere Tiere um und das ist nicht unethisch.


Und? Was willst du damit sagen? *Die Tiere dürfen ja auch*? ;)

Zitat
Ethik ist geprägt durch unsere Gesellschaft, eine Gesellschaft von Menschen. Diese Gesellschaft hat sich halt durchgesetzt auf den meisten Gebieten der Erde, das heißt aber nicht, dass sie auch für alles und jeden auf der Erde gültig sein muss wie für den Menschen.


Das ist eigentlich noch mal das erste Zitat, anders formuliert.
Ich glaube nicht, dass jemand hier sagen wollte, dass Tiere nun ebenfalls zu ethischem Verhalten verpflichtet sind. Jedem ist klar, weshalb nicht.

Du argumentierst, es sei heuchlerisch, die Wertigkeit eines Lebewesens an Leid festzumachen. Ich würde nicht von Wert sprechen, da es jedem ein Anliegen sein sollte, andere Lebewesen einfach nicht leiden zu lassen, ganz egal, welchen Wert diese für ihn haben/nicht haben. Wert tut dabei nichts zur Sache. Das ist eine Errungenschaft des Menschen. Ein Mensch sollte auch einen ihm fremden Menschen nicht leiden lassen, das wird ihm in unserer Gesellschaft beigebracht. Tut er es doch, so hat das normalerweise negative Folgen. Alles unabhängig von Wert.

Du argumentierst, dass man sich dann ja genau so um das Leid der Pflanzen sorgen müsste (deren Leidfähigkeit wird Hiat sicher ausführen^^) und es somit "bigott" ist, wenn Vegetarier sich einzig um die Tiere sorgen?
Das ist ein fadenscheiniges Argument! Wenn ich sage, ich spende Geld an Afrika, dann sagst du: Warum spendest du nicht für den Regenwald? Du Heuchler! Wenn ich sage, ich esse kein Fleisch, aber Fisch, dann sagst du: Fische haben es genau so verdient! Wieso sagst du nicht: Gut, dass du diesen einen Punkt in deinem Leben verfolgst. Es gibt wenig Grund, jemanden zu kritisieren, wenn er die Welt subjektiv ein wenig verbessern möchte. Natürlich fragt man sich, weshalb es Pescetarier gibt und ob das nicht inkonsequent ist, aber als vernünftiger Mensch sollte man zumindest dafür einen Daumen geben. Was wäre die Alternative? Demjenigen raten, doch wieder Fleisch zu essen? Ganz oder gar nicht?

Wahrscheinlich habe ich dich aber falsch verstanden, denn dein 2. Absatz ist seltsam. Kann es leiden/könnte es leiden/leidet es? Who cares? Bevor man darüber sinniert sollte man fragen: Stirbt es für mich? Danach frage ich: Leidet es dabei? Das ist für mich sekundär. Die meisten Menschen fragen sich aber (wenn sie es denn tun): Warum sollte es nicht für mich sterben?

Zitat
An dem Tag der Schlachtung leidet es kurz, dann ist es tot. Wäre das Tier in freier Wildbahn aufgewachsen, wäre sein Leid unfraglich größer gewesen - unbehütet Feinden, Krankheit (ohne Behandlung) und Umgebung ausgesetzt. Damit ist die Frage beantwortet mit: "Es leidet weniger."


Ein Shitstorm. Es ist belegt, dass Tiere bei der Schlachtung nicht "kurz" leiden (was immer auch rechtfertigt, eine kurze Zeitspanne ok zu finden). Sie schreien, sie haben Stress, sie sterben zu großen Zahlen eben nicht gleich, sondern werden lebendig ausgeweidet oder in Hechsler geworfen. Das ist in weiten Teilen der Erde so, da die Standards echt mies sind. Das kann man nicht wegargumentieren.
Dass die Tiere in freier Wildbahn mehr leiden ist das Nr. 1 Dumbass-Argument der Unvernünftigen. Darüber solltest du hinaus sein.


Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.- Karl Kraus

Gray Offline

Theophor


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01.10.2012 12:35
#19 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Und? Was willst du damit sagen? *Die Tiere dürfen ja auch*? ;)


Nein, sondern: Ethik kommt vom Menschen. Und Tiere sind keine Menschen.

Zitat
Wieso sagst du nicht: Gut, dass du diesen einen Punkt in deinem Leben verfolgst. Es gibt wenig Grund, jemanden zu kritisieren, wenn er die Welt subjektiv ein wenig verbessern möchte.

Krieg ich demnach auch einen Daumen dafür, dass ich kein Wild esse?

Zitat
Ein Shitstorm. Es ist belegt, dass Tiere bei der Schlachtung nicht "kurz" leiden (was immer auch rechtfertigt, eine kurze Zeitspanne ok zu finden). Sie schreien, sie haben Stress, sie sterben zu großen Zahlen eben nicht gleich, sondern werden lebendig ausgeweidet oder in Hechsler geworfen. Das ist in weiten Teilen der Erde so, da die Standards echt mies sind. Das kann man nicht wegargumentieren.
Dass die Tiere in freier Wildbahn mehr leiden ist das Nr. 1 Dumbass-Argument der Unvernünftigen. Darüber solltest du hinaus sein.

Siehe: "Und ein Tier, das unter würdigen Bedingungen aufgewachsen ist"

Die Ethik des Konsums von Fleisch in der Theorie an der Fleischindustrie zu messen ist unsinnig.


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Sassa Offline

Theophor


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01.10.2012 12:41
#20 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Ethik kommt vom Menschen. Und Tiere sind keine Menschen.



Ja, schon. Wolltest du das einfach feststellen?

Zitat
Krieg ich demnach auch einen Daumen dafür, dass ich kein Wild esse?



Na sicher. Ist nice.

Zitat
Siehe: "Und ein Tier, das unter würdigen Bedingungen aufgewachsen ist"

Die Ethik des Konsums von Fleisch in der Theorie an der Fleischindustrie zu messen ist unsinnig.



Seit wann wachsen Tiere unter würdigen Bedingungen auf? PETA würde Tiere sogar lieber töten, bevor sie auf ner Alm stehen. Also was würdig ist, ist ne große Frage.
Kannst du mir den zweiten Satz erklären?


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Gray Offline

Theophor


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01.10.2012 12:50
#21 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Ja, schon. Wolltest du das einfach feststellen?


Ja, und zwar wenn Argumente kommen die versuchen, den ethischen Umgang mit Tieren 1:1 am ethischen Umgang mit Menschen zu messen.

Zitat
Na sicher. Ist nice.


Das heißt wenn ich 500 g Schwein pro Woche esse, ist das besser als ich würde 250 g Schwein und 250 g Wild essen? Und das findest du nicht bigott?

Zitat
Seit wann wachsen Tiere unter würdigen Bedingungen auf? PETA würde Tiere sogar lieber töten, bevor sie auf ner Alm stehen. Also was würdig ist, ist ne große Frage.


PETA hat Präsident Obama auch verurteilt, weil er in nem Interview eine Fliege erschlagen hat.
PETA hat auch gesagt selbst wenn man durch Forschung mit Tierversuchen AIDS heilen könnte, würden sie das nicht zulassen wollen.

Sorry, aber PETA nehm ich vergleichsweise wenig ernst. Warum leidet eine Kuh auf der Alm? Im Vergleich zu einer "Wildkuh"?


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Sassa Offline

Theophor


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01.10.2012 13:48
#22 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Ja, und zwar wenn Argumente kommen die versuchen, den ethischen Umgang mit Tieren 1:1 am ethischen Umgang mit Menschen zu messen.


Ah ok, verstehe. Der Mensch hat die Ethik erfunden. Diese darf er aber nur auf den Menschen anwenden. Warum? Weil Tiere keine Menschen sind? Wer sagt, dass Ethik sich nur auf den Menschen beziehen muss?

Zitat
Das heißt wenn ich 500 g Schwein pro Woche esse, ist das besser als ich würde 250 g Schwein und 250 g Wild essen? Und das findest du nicht bigott?



Hello new Infos! Wenn jemand zu mir sagt, dass er kein Wild isst, dann bekommt er natürlich mal nen Daumen. Normalerweise würde ich nach den Gründen fragen und je nachdem meinen Daumen oben lassen oder wieder runter nehmen ("Ist nice" heißt eher: Mir wurscht). Wenn er daran aber anschließt, dass er die Menge mit anderem Fleisch aufwiegt, dann bekommt er von mir gar nichts. Vielleicht hat derjenige aber gute Argumente, kein Wild zu essen. Vielleicht findet er es falsch, die Tiere aus ihrem natürlichen Lebensraum "rauszuschießen" usw. What ever. Dann sag ich: Schön, dass du dir Gedanken über das Leben anderer Lebewesen machst und deine Ethik nicht nur auf den Menschen beziehst. Ich würde aber auf die Inkonsequenz hinweisen.

Zitat
PETA würde Tiere sogar lieber töten, bevor sie auf ner Alm stehen.

--> Vielleicht hätte ich da ein Froschgesicht einfügen sollen: O______o


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Gray Offline

Theophor


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01.10.2012 14:11
#23 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Ah ok, verstehe. Der Mensch hat die Ethik erfunden. Diese darf er aber nur auf den Menschen anwenden. Warum? Weil Tiere keine Menschen sind? Wer sagt, dass Ethik sich nur auf den Menschen beziehen muss?

das sage ich nicht. Ich sage nur, dass Ethik nicht a priori auf Tiere anwendbar ist, weil sie prinzipiell mal entstanden ist, um die Regeln unserer Gesellschaft zu rechtfertigen.

Das heißt nicht, dass Ethik prinzipiell nicht auf Tiere anwendbar ist, aber sehr wohl, dass man sie nicht von vornherein 1:1 übertragen kann mit Mensch-Mensch/Mensch-Tier Vergleichen.


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Hitti Offline

Theophor


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01.10.2012 14:29
#24 RE: Vegetarismus Antworten

Sassa hat eh schon gegenargumentiert, ich mach noch ein paar Ergänzungen:

Zitat
Ich sage nur, dass Ethik nicht a priori auf Tiere anwendbar ist, weil sie prinzipiell mal entstanden ist, um die Regeln unserer Gesellschaft zu rechtfertigen.


Der Mensch hat die Ethik geschaffen. Sie ist ein Konzept zum Zwecke des guten Zusammenlebens von Lebewesen aller Art, oder kann wenigstens ein solches Konzept sein. Nach meinen Verständnis soll es ein solches Konzept sein. Ethische Weisungen können jedoch nur die befolgen, die dazu in der Lage sind, sie zu verstehen. Das bedeutet natürlich, dass Tiere ethische Weisungen nicht befolgen müssen, weil sie sie nicht befolgen können. Andererseits bedeutet es nicht, dass der Mensch bei ethischen Überlegungen die Bedürfnisse anderer Lebewesen nicht im selben Ausmaß berücksichtigen sollte, wie die Bedürfnisse von Menschen. Nach einem solchen Ethikverständnis sind 1:1 Vergleiche von Mensch und Tier möglich.

Das war eh der Kern deiner Argumentation. Ein Punkt noch:

Zitat
Wer kann uns z.B. versichern, dass Pflanzen (die Lebewesen sind) nicht leiden können?


Wer kann mir versichern, dass du tatsächlich Leid empfinden kannst? Niemand. Jede deiner Reaktionen, die auf Leidempfindungen schließen lassen, könnten ja trügerisch oder gespielt sein. Ich könnte dich foltern und das danach dadurch rechtfertigen, dass ich mir ja nicht sicher sein kann, dass du wirklich Leid in einem derart großem Ausmaß empfindest, wie dies von anderen angenommen wird.
Es geht darum, was vernünftigerweise angenommen werden sollte. Es ist vernünftig anzunehmen, dass andere Menschen zur Empfindung von Leid und Schmerz fähig sind. Es ist vernünftig anzunehmen, dass die großen Zuchttiere zur Empfindung von Leid und Schmerz in einem ähnlichen Ausmaß fähig sind, wie Menschen. Unvernünftig ist es, eine solche Fähigkeit zur Leidempfindung bei Pflanzen anzunehmen. Zum einen gibt es empirische Hinweise, die uns auf diese Fähigkeit schließen lassen, zum Beispiel die Ausprägung des Nervensystems und Gehirns. Zum anderen müssten Pflanzen, wenn sie denn überhaupt empfinden können (was ich für sehr unwahrscheinlich halte), eine ähnliche Leidensfähigkeit wie die großen Zuchttiere haben um dem Argument volle Kraft zu verleihen, und es ist wirklich unvernünftig, davon auszugehen, auch wenn wir es niemals völlig ausschließen werden können, weil es sich um ein Qualiaphänomen der Wahrnehmung handelt.

Du argumentierst eigentlich auf eine ähnliche Weise wie auch andere Fleischesser. Ich war schon oft mit Ausführungen wie deinen konfrontiert. Ich möchte dich daher nochmals bitten, meinen Blogeintrag samt Kommentare zu lesen. Hättest du das vor deinen letzten Einträgen getan, hätten wir uns einige Zeit erspart.

http://nachtliteratur.wordpress.com/2012...fleischkonsums/


"Was ich weiß, kann jeder wissen. Mein Herz hab' ich allein."
-J.W.Goethe

Gray Offline

Theophor


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01.10.2012 15:30
#25 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Andererseits bedeutet es nicht, dass der Mensch bei ethischen Überlegungen die Bedürfnisse anderer Lebewesen nicht im selben Ausmaß berücksichtigen sollte (...)

Es heißt genauso wenig, dass er das muss. Eine ethische Entscheidung muss irgendwie sinnvoll gerechtfertigt werden, und ein reiner Mensch-Tier Vergleich tuts da nicht. Du montierst deine Entscheidung an die Definition von "Leid", weil das bequem ist.

Jetzt könnte ich aber - genau nach deiner Argumentation sagen - dass das unethisch ist, weil Lebewesen, die (vermutlich) weniger Leid empfinden können als wir dadurch völlig willkürlich ihrer Ansprüche beraubt werden - quasi "deine Existenz als Lebewesen ist mir gleichgültig, wenn ich dich töten kann, ohne dass du Leid empfindest".
Daraus ergibt sich, dass du die Ethik nur als Vehikel verwendest, um den Vegetarismus zu rationalisieren - und zwar nur bis zu dem Punkt, in dem es diesem Ziel dient.
Führt man das Prinzip des Gedanken aber konsequent zu Ende, dürfte man auch keine Pflanzen essen. Auch diese haben ein Äquivalent zu "Leid" - nur ist ihre Wahrnehmung davon halt vermutlich schwächer. Es ist also völlig willkürlich zu sagen "Pflanzen essen ist voll okay, Schweine essen ist voll unethisch" - bei beiden verursacht man Leid. Beim einen wohl mehr als beim anderen.

Das ist aber nur das eine Argument. Das andere ist, dass es die Schweine gar nicht gäb, wenn man sie nicht zum Zwecke des Essens züchtet. Und die Frage bleibt, ob es unethisch ist, wenn man ein Schwein X Jahre hegt und pflegt und das Schwein bis dahin ein Leben großteils frei von Leid hatte, um dann eines Tages Leid zu erfahren, an dessen Ende es getötet wird. Dass hier ein einfacher Mensch/Tier Vergleich zu kurz gegriffen ist, hab ich schon gezeigt. Denn mit dieser Argumentation kann ich die Esskultur von Vegetariern oder Veganern ebenso verurteilen.


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Hitti Offline

Theophor


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01.10.2012 16:13
#26 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat
Es heißt genauso wenig, dass er das muss.


Wie mans sieht. Ich habe meinem Empfinden nach gut begründet, warum ich der Ansicht bin, dass er sollte. Er muss natürlich nicht, der Großteil tuts auch nicht.

Zitat
Eine ethische Entscheidung muss irgendwie sinnvoll gerechtfertigt werden, und ein reiner Mensch-Tier Vergleich tuts da nicht.


Die Mensch-Tier Vergleiche habe ich nur verwendet, um ja gerade meine sinnvolle Rechtfertigung und ihren inhaltlichen Kern aufzuzeigen. Sie stehen nicht für sich, sondern sollen vor allem darlegen, dass wir eine ethische Ungleichheit von Mensch und Tier annehmen. Im Folgenden habe ich dann unabhängig von den Vergleichen begründet, warum diese Ungleichheit nicht vorliegt. Wenn dann in weiterer Folge diese Ungleichheit nicht vorliegt, dann sollten wir dasselbe Leid, das wir Menschen nicht zufügen wollen, auch Tieren nicht zufügen, was den Kreis zu den Vergleichen wieder schließt. Das ist die Kette meiner Argumentation.

Zitat
Du montierst deine Entscheidung an die Definition von "Leid", weil das bequem ist.


Nein, ich tue dies deshalb, weil es meines Erachtens nach das einzig vernünftige Kriterium ethischen Handelns ist. Du kannst, wie schon öfters aufgefordert, gerne das Kriterium nennen, das dein ethisches Handeln bestimmt, und erklären, warum du es für vernünftig hältst.

Zitat
Jetzt könnte ich aber - genau nach deiner Argumentation sagen - dass das unethisch ist


Siehe oben. Wenn du dies sagst, implizierst du, dass es irgendein anderes Kriterium gibt, das ethische Relevanz hat. Was ist es?

Zitat
Daraus ergibt sich, dass du die Ethik nur als Vehikel verwendest, um den Vegetarismus zu rationalisieren - und zwar nur bis zu dem Punkt, in dem es diesem Ziel dient.


Nichts für ungut, aber davon hast du keine Ahnung. Ich beschäftige mich mit meinem Ethikverständnis seit sehr langer Zeit. Ich habe quasi das ganze letzte Semester meines Philosophiestudiums nichts anderes getan, und Tierethik hat da nur peripher eine Rolle gespielt. Viele Beiträge dazu können auf meinem Blog nachgelesen werden. Den Kern meines Ethikverständnisses habe ich dir ja bereits geschildert. Der Vegetarismus fügt sich darin völlig konsistent ein, aber in erster Linie beschäftigt er mich bei meinen ethischen Überlegungen sicherlich nicht.

Zitat
Auch diese haben ein Äquivalent zu "Leid" - nur ist ihre Wahrnehmung davon halt vermutlich schwächer. Es ist also völlig willkürlich zu sagen "Pflanzen essen ist voll okay, Schweine essen ist voll unethisch" - bei beiden verursacht man Leid. Beim einen wohl mehr als beim anderen.


Das verstehe ich nicht. Wieso gehst du auf einmal ohne Begründung mit absoluter Gewissheit davon aus, dass Pflanzen Leiden empfinden? Ich habe vorhin erklärt, warum ich es für vernünftig halte, vom Gegenteil auszugehen.

Zitat
Dass hier ein einfacher Mensch/Tier Vergleich zu kurz gegriffen ist, hab ich schon gezeigt.


Siehe Punkt 2.


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-J.W.Goethe

Hitti Offline

Theophor


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01.10.2012 16:59
#27 RE: Vegetarismus Antworten

OT: Endlich wieder was los hier. Könnma Wolfi auch noch in die Diskussion mit einschalten? Gibts noch mehr derartig kontroverse Themen. Das belebt das Forum.^^


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Hitti Offline

Theophor


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06.10.2012 21:58
#28 RE: Vegetarismus Antworten

Kommt hier nix mehr? Ich weiß, dass es ein ungutes Thema is, und dass man sich nicht gern näher damit auseinandersetzt, aber ein bisschen mehr Diskussionsbereitschaft bei einer derart interessanten und polarisierenden Angelegenheit hätte ich mir in diesem Umfeld schon erwartet.


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stahlwollvieh Offline

Emofaggot


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07.10.2012 02:55
#29 RE: Vegetarismus Antworten

Zitat von Hitti
Könnma Wolfi auch noch in die Diskussion mit einschalten?

Mal zum Überthema Tierethik: Findest du es moralisch verwerflich, wenn jemand mit einem Tier Sex hat?
Bin da unlängst auch einen recht unterhaltsamen Artikel gestoßen, in Kurzversion: Eine Frau wollte den PC ihres Ex auf Kinderpornographie überprüfen lassen, hat ihn der Polizei gegeben. Die hat allerdings darauf Videos gefunden, in denen sie sich von ihrem Hund nageln lässt.
In dem Fall kann man ja eigentlich nicht von Vergewaltigung reden, der Hund scheint ja auch was davon zu haben, sonst würd er das ned tun.
Was hältst du von der ganzen Angelegenheit?

Hitti Offline

Theophor


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Punkte: 1.130

07.10.2012 11:26
#30 RE: Vegetarismus Antworten

Sex mit Tieren ist allgemein problematisch wegen:
1) Der körperlichen Hygiene
2) Der psychischen Gesundheit von Mensch und Tier. Durch den Sex wird die gesunde Mensch-Tier Beziehung gestört und das Tier stellt an den Menschen Ansprüche, die er nicht erfüllen kann, und umgekehrt genauso.

Davon abgesehen werden wohl die meisten sexuellen Handlungen mit Tieren diesen ganz klar aufgezwungen. Selbst wenn es in einem Fall einmal aus irgendeinem Grund nicht diesen Anschein haben sollte, bleibt doch ein juristisches Problem bestehen, das vor allem wegen Missachtung der Wichtigkeit des Punktes 2 von oben auch ein moralisches ist: Sex mit einem unmündigen Lebewesen. Ein 50-Jähriger bekommt Schwierigkeiten, wenn er mit einer 13-Jährigen schläft; auch, wenn sich herausstellt, dass die ihn verführt hat und deshalb nicht von einer Vergewaltigung die Rede sein kann.


"Was ich weiß, kann jeder wissen. Mein Herz hab' ich allein."
-J.W.Goethe

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