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Dieses Thema hat 28 Antworten
und wurde 948 mal aufgerufen
 Philosophie
Seiten 1 | 2
Hitti Offline

Theophor


Beiträge: 1.042
Punkte: 1.130

25.12.2010 17:49
Ethik Antworten

Was haltet ihr von der Stoa?
Ich spreche insbesondere von der ethischen Stoa, der Rest ist weniger diskussionswürdig. Diese Lehre hat mich allerdings, als ich vor zwei bis drei Jahren zum ersten Mal davon gehört hab, so sehr fasziniert, dass ich sie mir zu eigen gemacht hab und immer besser darin werde, möglichst demgemäß zu leben.
Damit jeder weiß, wovon überhaupt die Rede is, post ich mal Wiki rein:

Als Wegweiser dient dabei die eigene Vernunft; als Motivatoren fungieren der Selbsterhaltungstrieb und das Streben nach Selbstvervollkommnung (Oikeiosis).
Nur ein lebenslanges Bemühen um Selbstformung, das auch den Herausforderungen von Schicksal und mitmenschlichem Umfeld standhält, schafft Aussicht auf die Seelenruhe des stoischen Weisen. Voraussetzung dafür ist eine ausgeprägte Affektkontrolle, die zur Freiheit von Leidenschaften (Apathie), zu Selbstgenügsamkeit (Autarkie) und Unerschütterlichkeit (Ataraxie) führen soll. Unser heutiger Begriff der „stoischen Ruhe“ geht auf diese Eigenschaften zurück.


In Kombination mit der materiellen Bescheidenheit des epikureeischen Hedonismus halte ich es für eine annehmbare Lebensweise. Ich finde es gut, sich im Griff zu haben, und streng zu sich selbst zu sein. Ich versuche es, wo ich kann, und jeder Misserfolg geht mir gehörig auf den Sack. Deswegen könnt ich es mir zum Beispiel nicht verzeihen, würd ich nochmal rauchen. Das wäre in meinen Augen unethisches Verhalten, weil ich einem Affekt, einer Gier nachgeben würde und die Kontrolle über mich selbst verloren hätte.
Seneca sagt dazu:

Zitat
Unzählige Menschen haben Völker und Städte beherrscht, aber ganz wenige nur sich selbst.


Selbstbeherrschung is eine der seltensten Fähigkeiten, und ich kenne so gut wie niemanden, der sich wirklich völlig selbst beherrscht. Ich glaube, es ist auch gar nicht möglich, sich gänzlich und immer im Zaum zu halten. Doch die meisten Menschen erliegen jeglicher Versuchung, von welcher Art sie auch sein mag, einfach viel zu schnell.

Habt ihr Richtlinien, an die ihr euch haltet? Eine "Moral", oder "Gebote", oder ähnliches? Oder lebt ihr einfach nach eurem Gefühl und verlasst euch darauf, dass ihr so möglichst viel Gutes, oder Richtiges tut?


"Die echten Schriftsteller sind Gewissenbisse der Menschheit."
-Feuerbach

Heep Offline

Whistleblower

Beiträge: 80
Punkte: 80

25.12.2010 21:48
#2 RE: Ethik Antworten

ich wollte bis vor nicht allzulanger zeit in anflügen von vollkommeneder selbstreflexion mein selbst zur gänze beherrschen, war damit unheimlich erfolgreich und stets professionell. ich war überall erfolgreich, nur nicht da wo es für mich offensichtlich wichtig war, denn dann hats mich in 2 panikattacken umgehaut, unter anderem vermutlich weil mir die emotionen völlig egal waren. Für dieses Unglück waren natürlich noch andere Faktoren verantwortlich, aber unter anderem waren sie bestimmt eben Ausdruck von Unglück. ich habe Emotionen aber weiterhin unterdrückt, schließlich hatte ich dadurch ein neues selbst erlangt, und musste dieses bestätigen, aber: das hat weiterhin zu keinem größeren glück geführt. jetzt bin ich noch immer professionell und erfolgreich, werde mich aber nicht mehr in ein bild einzwängen, das eigentlich gar nicht existiert. warum auch? leben ist eine abwechslung von spannung und entspannung, und diese plötzlichen entspannungen machens aus. ich bin noch immer darauf aus, meine potentiale zu nützen, aber darauf hätte die ständige selbstkontrolle keinen einfluss.
also:
was solls dir nützen? nur wenn es einen glücklich macht. das kann ich mir aber nicht vorstellen.
überhaupt: warum sollte man seine verhaltensweisen und seine lebensphilosophie in worte fassen? das schränkt doch tatsächlich nur ein. auch wenn man natürlich überschreiten kann und es als richtlinie heranzieht macht das für mich nur wenig sinn.

Kirk Offline

Theophor


Beiträge: 1.486
Punkte: 1.502

25.12.2010 22:12
#3 RE: Ethik Antworten

Zitat
Voraussetzung dafür ist eine ausgeprägte Affektkontrolle, die zur Freiheit von Leidenschaften (Apathie), zu Selbstgenügsamkeit (Autarkie) und Unerschütterlichkeit (Ataraxie) führen soll. Unser heutiger Begriff der „stoischen Ruhe“ geht auf diese Eigenschaften zurück.


Hast du schon eine dieser Eigenschaften auch nur annähernd erreicht? Hälts du sie überhaupt für erreichbar?

Zitat
Selbstbeherrschung is eine der seltensten Fähigkeiten, und ich kenne so gut wie niemanden, der sich wirklich völlig selbst beherrscht. Ich glaube, es ist auch gar nicht möglich, sich gänzlich und immer im Zaum zu halten. Doch die meisten Menschen erliegen jeglicher Versuchung, von welcher Art sie auch sein mag, einfach viel zu schnell.

Es ist fester Bestandteil meines Lebens, dass ich mich grob geschätzt alle 2 Monate mal ganz bewusst frage, was ich überhaupt will, wofür ich lebe, wofür ich stehe und was ich nun vorhabe. Dieses Szenario bringe ich insofern mit Selbstbeherrschung in Verbindung, weil ich in diesen Phasen des Nachdenkens auch Vorsetzte fasse und bestimme, was mir wichtig ist, was ich verändern will, was ich damit erreichen will und was ich hinter mir lassen muss. In der Zeit zwischen diesen größeren Orientierungsvorgängen versuche ich mich dann immer wieder kurz daran zu erinnern oder manchmal soagr mich selbst dazu zu zwingen meine Vorsätze einzuhalten. Ich führe also eine gewisse Selbstbeobachtung zur Selbstbeherrschung. Natürlich misslingt es mir dennoch regelmäßig wirklich das zu tun, was ich mir vornehme, aber es wird besser!^^

Zitat
Habt ihr Richtlinien, an die ihr euch haltet? Eine "Moral", oder "Gebote", oder ähnliches? Oder lebt ihr einfach nach eurem Gefühl und verlasst euch darauf, dass ihr so möglichst viel Gutes, oder Richtiges tut?


Ich habe natürlich eine gewisse Moral nach der ich lebe, allerdings habe ich sie nie so benannt wie Hitti, der hier ja die Stoa eindeutig angeführt hat. Dennoch kann ich sagen, dass viele Gebote, die ich befolge und zu einem Bestandtiel meines Lebens gemacht habe der Lehre des Islams also dem Koran oder der Sunna entspringen. Jetzt aber zu sagen, welche Gebote ich dem Islam entnommen habe, welche grundsätzlich meiner Person entspringen und welche etwas dazwischen sind, kann ich so schnell nicht beurteilen. Schließlich sind auch einige Werte und Verhaltensregeln, die ich von klein auf mitgekreigt habe islamisch geprägt, das ist also schwer zu differenzieren. In wenigen Jahren werde ich darüber mit Sicherheit mehr sagen können, da ich vorhabe den Islam zu studieren. Momentan könnte man aber durchaus noch davon sprechen, dass ich mehr nach Gefühl als nach einer bestimmten Lehre gehe, ich kann es wie gesagt selbst schwer einschätzen inwiefern sich mein Lebensstil mit dem Islam deckt.

Damit will ich aber nicht sagen, dass ich anstreben jede als "islamisch" geltende Verhaltensregel und Denkweise anzunehmen. Viele Sichtweisen die dem Islam zugeschrieben werden, haben ursprünglich nichts mit ihm zu tun. Ich will jetzt erst einmal nachforschen, wie dieser Ursprung meiner Religion aussieht.


Wie gut klingen schlechte Musik und schlechte Gründe, wenn man auf einen Feind los marschiert!
Friedrich Nietzsche - Morgenröthe

Hitti Offline

Theophor


Beiträge: 1.042
Punkte: 1.130

26.12.2010 01:58
#4 RE: Ethik Antworten

Zitat
ich habe Emotionen aber weiterhin unterdrückt, schließlich hatte ich dadurch ein neues selbst erlangt, und musste dieses bestätigen


Emotionen sollte man nur in Ausnahmefällen unterdrücken. In der Stoa ist deshalb ganz klar von Affekten die Rede, die zu unvernünftigem und unüberlegtem Handeln führen. Eudaimonia, also das seelische Wohlbefinden, das von Stoikern angestrebt wird, wird durch Affektlosigkeit zu erreichen versucht. Das Ziel ist also eine Emotion, nämlich Zufriedenheit.

Zitat
was solls dir nützen?


Wäre ich nicht so konsequent und so streng mit mir selbst, könnte ich viele der Dinge, die ich mache, nicht mehr (so gut) machen. Ich habe außerdem die Erfahrung gemacht, dass meine Affektlosigkeit im zwischenmenschlichen Umgang extrem gut ankommt. Sie hat einfach einen deeskalativen Charakter. Man spricht lieber mit jemanden, bei dem man weiß, dass er niemals ausrasten wird.
In jeder Situation ruhig zu bleiben, ist ebenso nützlich und richtig, wie unmöglich. Aber man arbeitet immerhin daran.
Materielle Bescheidenheit und Sparsamkeit wäre mehreren Menschen ans Herz zu legen, so find ich. Erst heut hab ich wieder irgendwo davon gelesen, wie kauf- und konsumsüchtig der Österreicher in der Weihnachtszeit schon wieder war.
Die Vernunft als Wegweiser in ethischen Fragen, nunja, das is für mich eh eine klare Sache.

Diese Ethik hat also enormen Nutzen für mich.

Zitat
warum sollte man seine verhaltensweisen und seine lebensphilosophie in worte fassen?


Man beschreibt halt, was man für ideal hält. Findich ganz interessant, deswegen hab ich heute den Thread aufgemacht.^^ Can't see the problem.

Zitat
Hast du schon eine dieser Eigenschaften auch nur annähernd erreicht? Hälts du sie überhaupt für erreichbar?


Die Affektlosigkeit habe ich sicher am Besten verinnerlicht. Ich denke nicht, dass es möglich ist, Autarkie und Ataraxie zu erreichen, wohl auch nicht Apathie. Aber man kann sich ja darin üben.
Im Übrigen leb ich die ethische Lehre der Stoa natürlich nicht einfach stur nach, das würd nicht zu mir passen. Sie gefällt mir nur so sehr, dass ich extrem viele Aspekte gut heiße.


"Die echten Schriftsteller sind Gewissenbisse der Menschheit."
-Feuerbach

Sassa Offline

Theophor


Beiträge: 1.935
Punkte: 1.954

27.12.2010 15:21
#5 RE: Ethik Antworten

Ich finde den Punkt "Selbstformung" interessant, da ich auf den ersten Blick überhaupt nicht danach strebe.
Ich nehme mich selbst seit einigen Jahren als so gut wie "fertig" an und versuche hauptsächlich, mit der Umgebung klar zu kommen, die Menschen und ihr Wirken auf mich zu verstehen, sprich, sie nicht mehr so ernst zu nehmen.

Wenn ich sage, ich arbeite an mir (zB Worte nicht mehr so oft auf die Waagschale zu legen), dann stimmt das eigentlich gar nicht. Ich habe das Gefühl, mich da nicht ändern zu können.

Affektkontrolle finde ich sehr wichtig. Ich habe eine natürliche Abneigung gegen Menschen, die in meinen Augen übertrieben reagieren (bei Freude und auch bei Wut). Streit ist für mich gänzlich und immer vermeidbar. Auch allzu starke Hingabe kann ich oftmals nicht verstehen (zB Fanatismus, Fankult und andere Kindereien). Wenn, dann fasziniert mich etwas oder ich freue mich sehr auf etwas, aber durchdrehen könnt ich wohl bei keiner Sache. Das verhindert den kritischen Blick und/oder den wahren Genuss.


Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.- Karl Kraus

Heep Offline

Whistleblower

Beiträge: 80
Punkte: 80

06.01.2011 03:27
#6 RE: Ethik Antworten

ohne affekt leben heißt auch ohne momentane begeisterung, ohne erlebnis und ohne hingabe. selbst wenn hingabe schon als negativ deklariert wurde, ist es dennoch unter anderem etwas, das große menschen groß gemacht hat. - die kommen üblicherweise auch gut an. selbst wenns kitschig klingt, ist es das, was das leben ausmacht. affekt heißt nicht nur freude oder wut, auch begeisterung, wille, es spielt mit motivation zusammen, mit glück und mit allem, was poeten und musiker immer wieder zu erreichen versuchen. wer von etwas begeistert ist, im affekt, kann auch "seine sache" besser rüberbringen. natürlich kann man seine affekte auch sehr schlecht einsetzen, wodurch man eher unbeliebt wird, aber in wahrheit macht genau dieser, positiv genützt, charisma aus.

und affekt bedeutet auch noch nicht "handeln", und daher nicht reagieren. der affekt ist sehr eng mit emotion gekoppelt, wer versucht seine affekte zu unterdrücken, der unterdrückt auch seine emotionen. ich will aber niemanden kritisieren, der wie eine maschine leben will, das geht mich ja nichts an. man muss ja natürlich nicht jede emotion den anderen förmlich ins gesicht dreschen, aber genau das macht das wesen eines menschen aus, das ist der charakter eines menschen und nicht kontrolliertes wissen und verhalten.

was ist bitte der "wahre" genuss? nehmen wir mal an, ich hör musik, und will diese genießen. ich werde irgendwie meine körperbewegungen an den rhythmus anpassen - meinen affekt also noch ausleben und deutlich machen - empfinde dadurch mehr integrität und freude als würd ich nur dasitzen und sie über mich ergehen lassen. das gilt sowohl für klassik als auch für metal. und elektro lässt sich, anders rum, sogar gar nicht ohne ertragen. warum gibt es das "mmmmmmm" wenn man etwas isst? warum stöhnt man beim sex? warum reißt man seine hände in die höhe, wenn man ein tor geschossen hat? warum applaudiert man, wenn jemand etwas gutes vollbracht hat? es ist einfach eine intensivierung vom affekt, was vieles schöner macht. sich davon abzuheben, heißt nicht, sich von anderen menschen abzuheben, sondern vielmehr sich selbst der freude zu entziehen. (das gilt natürlich für mich, und ist meine meinung und ich will niemandem zu nahe treten und so weiter und so fort)

Sassa Offline

Theophor


Beiträge: 1.935
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06.01.2011 04:30
#7 RE: Ethik Antworten

Also der Hitti weiß schon ganz genau, was Hingabe ist.


Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.- Karl Kraus

Angefügte Bilder:
my-dick-is-gigantic.jpg  
Gast
Beiträge:

06.01.2011 10:01
#8 RE: Ethik Antworten

da hält sich wohl jemand an schopenhauers kunstgriffe... :-P

Gray Offline

Theophor


Beiträge: 2.786
Punkte: 2.818

06.01.2011 10:45
#9 RE: Ethik Antworten

Das Pic ist durch Zugabe des Trollfaces mehr als missverständlich. Hab lachen müssen.


You're not the contents of ... hey, where's my wallet?!

Sassa Offline

Theophor


Beiträge: 1.935
Punkte: 1.954

06.01.2011 15:13
#10 RE: Ethik Antworten

Troll Face ist niemals missverständlich. Er sagt einfach die Wahrheit.

Problem?^^


Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.- Karl Kraus

Gray Offline

Theophor


Beiträge: 2.786
Punkte: 2.818

06.01.2011 15:18
#11 RE: Ethik Antworten

Ich glaub du brauchst etwas mehr meme-knowledge.


You're not the contents of ... hey, where's my wallet?!

Sassa Offline

Theophor


Beiträge: 1.935
Punkte: 1.954

06.01.2011 15:39
#12 RE: Ethik Antworten

Für mich ist dieses Gesicht der Ausdruck purer Verarschung. Und diese bezieht sich in diesem Fall eindeutig auf einen bestimmten Post. Natürlich ist auch der Spruch an sich übertrieben, ABER darum geht es ja ned.

Ansonsten: klär mich auf mit deinem Wissen.


Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.- Karl Kraus

(P.R.C) Offline

Theophor


Beiträge: 1.610
Punkte: 1.614

06.01.2011 15:51
#13 RE: Ethik Antworten

Zitat

Ansonsten: klär mich auf mit deinem Wissen.



Durch das HInzufügen des Trolls hast du klargemacht, dass der Spruch ironisch gemein ist und das Gegenteil der Fall ist ;)



Wir tanzen warm und brüderlich, doch warme Brüder sind wir nicht!

Sassa Offline

Theophor


Beiträge: 1.935
Punkte: 1.954

06.01.2011 16:10
#14 RE: Ethik Antworten

Jaja, das ist mir schon klar. Ist ja auch klar, dass der Spruch nicht unbedingt der Wahrheit entspricht.
Aber das heißt nicht, dass nicht was Wahres dran ist.


Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.- Karl Kraus

stahlwollvieh Offline

Emofaggot


Beiträge: 2.155
Punkte: 2.203

06.01.2011 16:32
#15 RE: Ethik Antworten

Langsam würd ich aufhören zu labern, es wird ned besser...^^

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